Montezumas Rache
In der Fachliteratur liest man, unter Montezumas Rache als Auslöser, das Darmbakterium Escherichia coli. Andere Quellen behaupten, Fäkalkeime oder Parasiten wären der Auslöser. Ob es da Zusammenhänge gibt, entzieht sich meinen Kenntnissen. Wie auch immer, genauso unappetitlich, wie es sich liest, ist der Krankheitsverlauf. Der Darm entleert sich mehr unkontrolliert, als dass Du noch Herr der ganzen Sache bist, und der Magen übergibt sich nach oben heraus. Wenn Du die Kontrolle dann komplett über Deinen Körper verloren hast, findet unter Umständen beides gleichzeitig statt. Schon in der Nacht spürten wir, dass mit uns etwas nicht stimmt. Unruhiger Schlaf und eine Magenverstimmung kündigten Ungemach an. Die nächsten beiden Tage waren dann furchtbar. Zum Glück haben wir genügend Toiletten an Bord, was allerdings das Problem der Gleichzeitigkeit nicht löst. Körperbeherrschung ist da alles. Volle Konzentration ohnehin, damit nichts in die Hose geht. Zur Not hilft dann nur noch ein Eimer. Als Auslöser macht Gaby ein Sandwich, das sie mit einem Mayonnaise-Thunfisch-Aufstrich uns als Mittagessen kredenzte, als Ursache aus. Der Aufstrich wurde einen Tag zuvor schon einmal genutzt und im Kühlschrank aufbewahrt. Wie auch immer: So etwas braucht keiner.
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| Die Hölle bricht aus, Blue Lagoon Fidschi |
Nach zwei Tagen geht es uns dann besser und wir brechen wieder auf. Ziel ist die Somosomo-Bucht auf der Insel Naviti. Im Gedärm brodelt es immer noch gewaltig, aber die Entleerung desselben hat aufgehört. Klar, wenn er komplett leer ist. Der Druck auf den Magen ist einem unangenehmen Sodbrennen gewichen. Ich denke an die Kawa-Zeremonie und an das Glück, welches wir in solchen Situationen haben. Bisher haben wir unseren Kava-Strauß immer nur brav abgegeben und sind dann von dem jeweiligen Dorfverantwortlichen eingeladen worden, die Insel zu betreten und in der Bucht zu ankern. Das eigentliche Sevusevu, bei dem man dann Kava aus einer Kokosnusshalbschale trinkt, haben wir nie erlebt. Jetzt, wo es uns nicht so besonders gut geht, könnte das aber durchaus der Fall sein. Mir kommt Murphys Gesetz in den Sinn. Als Nächstes erinnere ich mich, was ich über Montezumas Rache gelesen habe. Irgendwas mit Fäkalbakterien im Trinkwasser. Die Kawabrühe sieht genauso aus. Mir dreht es den Magen um und der Darm macht komische Geräusche. Ich breche eine Diskussion vom Zaun, ob wir uns Somosomo überhaupt geben sollen. Gaby ist sich auch nicht mehr ganz sicher.
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| Manta Ray Resort, Nanuya Balavu Fidschi |
Schließlich schmeißen wir unsere Pläne über den Haufen und biegen nach Steuerbord ab. Gerade noch rechtzeitig, um am inneren Riff der Insel vorbeizukommen. Das Wetter hat einigermaßen aufgeklart, so dass wir den schmalen Durchlass zwischen innerem und äußerem Riff gut erkennen können. Wir fahren an der Westseite der Insel Naviti entlang. Wie in den ganzen Yasawas, ein wunderschöner Flecken Erde. Im Süden schließt die Insel Drawaqa an. Die Insel ist auch als Manta Island bekannt. In den schmalen Passagen zwischen den Inseln halten sich viele Manta-Rochen auf, die man dort beobachten kann. Vor der Insel ist es 30 Meter tief und man muss sich ziemlich nah an die Insel wagen, um einen anständigen Ankergrund zu haben. In der Nacht hört man dann die Brandung, als ob sie mitten durch deine Koje geht. Jetzt, am Ende der Saison, sind wir die einzigen hier. Auf der durch einen Pass getrennten Insel Nanuya Balavu liegt das Mantaray-Island-Resort. Wahrscheinlich hat es mit Werbung zu tun, dass man in den Namen hier überall „Mantaray“ wiederfindet. Das Resort ist urgemütlich und auch sehr freundlich zu Gästen, die von den ankernden Yachten kommen.
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| Pizza im Manta Ray Resort |
Außerdem soll die Pizza gigantisch sein. Ja, ja, ich weiß, in unserer momentanen Situation sollten wir lieber vernünftig sein und leichte Kost zu uns nehmen. Aber vernünftig ist langweilig und so ordern wir jeder eine Pizza. Die Pizza war wirklich gigantisch, allerdings mit sehr viel Käse, der uns dann in der Nacht schwer zu schaffen macht. Mindestens eine Person aus der Südoststeiermark kommt mir jetzt in den Sinn, die die Augen rollen wird. Gut, die ganze Sache hat sich dann noch einmal zwei Tage hinausgezögert, aber es geht uns inzwischen wieder gut und wir haben Montezumas Rache überstanden.
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| Auf dem Weg der Besserung |
Genau zur rechten Zeit, denn für den nächsten Tag sind 18 Knoten Wind aus Ost angesagt. Ideales Wetter, um nach Süden in die 35 Meilen entfernte Musket Cove zu segeln. Damit wir genügend Luft für Unvorhergesehenes haben, brechen wir früh auf. Es hat zwar keinen Wind, aber die Wettervorhersage gibt weiterhin 18 Knoten an. Also wird er schon kommen. Wir fahren aus dem inneren Riff und setzen Segel. Immerhin haben wir schon fünf Knoten Wind aus Osten. Kurz vor der Insel Waya haben wir dann 11 Knoten Wind. Das sind zwar immer noch keine 18 Knoten, aber wir fahren immerhin etwas über fünf Knoten über Grund. Allerdings ist es dann in Kuata vorbei mit dem Wind. Auf der Windanzeige gibt es tatsächlich die Anzeige 0,0 Knoten. In all den Jahren, die ich segle, hatte ich noch nie die Anzeige 0,0 Knoten Wind. Selbst als wir die 51 Tage von Panama zu den Gambierinseln unterwegs waren und tagelang in der Flaute steckten, war immer ein bisschen Wind vorhanden, und wenn es nur ein Knoten war. Gut, zumindest gibt es da keine Diskussion, ob wir jetzt nahe 18 Knoten sind und die Wettervorhersage stimmt oder nicht. Am heutigen Tag stimmt sie definitiv nicht. Ich hänge also die Öko-Sau heraus und werfe beide Maschinen an. Die restlichen 20 Meilen legen wir unter Maschine zurück.
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| Zurück in der Musket Cove |
Die Sonne scheint uns gnadenlos auf den Pelz und selbst der Fahrtwind sorgt für keine Abkühlung. In der Mittagszeit ist der Mast der einzige Schattenspender. Selbst nach Montezumas Rache ist der Mast als Schattenspender immer noch zu schmal für mich. Wir erreichen die Musket Cove am Nachmittag und machen dort an einer Boje fest. Auch hier spürt man, dass die Saison zu Ende geht. Es ist deutlich ruhiger geworden seit unserem letzten Besuch. Doch für uns ist die Saison noch lange nicht abgeschlossen. Wir werden uns nächste Woche mit den Vorbereitungen für unseren Törn nach Neuseeland beschäftigen. In diesem Sinne: Immer eine Handbreit Wasser unterm Kiel und haltet die Ohren steif. Und geht Montezuma aus dem Weg.





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