Direkt zum Hauptbereich

Video Specials

Sterben Economy-Flüge im Computerzeitalter aus?

Der Film, den ich ausgewählt habe, unterhält mich nur mäßig. Die Nebengeräusche sind trotz voller Lautstärke der Kopfhörer enorm, sodass ich bei längeren Dialogen, bei denen in normaler Sprachintensität gesprochen wird, nicht alles verstehe. Ich habe das Gefühl, dass durch die Kopfhörer das Fluggeräusch, ein monotones Rauschen, noch verstärkt wird. Das Display zeigt mir eine Flughöhe von fast 12000 Metern und eine Geschwindigkeit von über 900 Kilometern pro Stunde an. Am oberen Rand des Bildschirmes bewegt sich ein kleines Flugzeug und färbt den weißen Balken hinter sich blau ein. Eine Zeitangabe gibt die geflogene und die noch zurückzulegende Zeit an. Ja, die technischen Spielereien haben sich seit dem Computerzeitalter gewaltig verändert.  Abflug Tahiti Ich falle in eine Art Tagtraum. Ihr kennt das. Man kann nicht schlafen, weil die Umgebung einen wach hält, obwohl man eigentlich hundemüde ist. In der „Schweineklasse“ – zivilisiertere Leute als ich sagen auch Holzklasse (auf Neudeuts

Das polynesische Festival 2023

Es ist vier Uhr morgens, ich kann es immer noch nicht glauben. Schlaftrunken schlürfe ich mit meinen Birkenstock über den Gehweg Richtung Festplatz. Es ist dunkel, die Temperaturen sind angenehm und lassen noch nicht erahnen, was uns erwartet. Vor dem Festplatz ist, trotz der frühen Stunde, schon einiges los. Die Tribünen sind bereits gut gefüllt. In der Mitte des Platzes brennt ein Lagerfeuer. Die Schatten von Gestalten, die um das Feuer sitzen, vermischen sich mit dem Schwarz der Nacht. Wir suchen uns einen Platz und warten auf die Dinge, die da kommen. Ein Summton, der in einen Singsang übergeht, macht sich aus der Mitte der Menschengruppe um das Lagerfeuer breit. Ein mystischer Augenblick und es wird klar, warum die frühe Stunde des Tages gewählt wurde. Die Eröffnung dauert mal gerade eine halbe Stunde und die Zuschauer verlassen so nach und nach den Ort des Geschehens. Man macht uns deutlich, dass auch wir mitkommen sollen, da offensichtlich die Zeremonie an einem anderen Ort weitergeführt wird.

Die Ankunft Nuku-Hiva, Marquesas

Trommeln und Hörner, die aus hohlen Baumstämmen oder Muscheln hergestellt wurden und aus denen es nicht leicht ist, überhaupt einen Ton zu erzeugen, geleiten uns den Weg. Es ist immer noch Kuhnacht. Am Ufer entlang muss man aufpassen, dass man nicht auf einem der unebenen Steine ausrutscht und unfreiwillig ins Wasser fällt. So langsam werden die Schatten länger und man erkennt ein paar Gesichter. Man hat uns gebeten, aus Respekt den Pareo zu tragen. Ein Tuch, das von Männern wie Frauen als Rock um die Hüften geschwungen wird. Laut Internetanleitung zweimal, was bei mir dann schon mal, wegen mangelnden Stoffs, scheiterte. Das macht aber gar nichts, da die Polynesier zum Teil nur mit einem Lendenschurz und ihren Tattoos bekleidet sind. Zumindest die Männer. Die Frauen haben es sich unter Filzauflagen bequem gemacht und darüber das geflochtene Oberteil aus Palmblättern gezogen. Ich hätte es mir ja genau andersherum gewünscht, aber man kann sich im Leben nicht immer alles aussuchen. 

Die Landung, Nuku-Hiva, Marquesas

Wir kommen an einen Strandplatz, um den sich immer mehr Menschen ansammeln. Die Trommeln, die uns die ganzen fünf Tage über das Festival begleiten, werden wieder lauter. Wenn man daneben steht, ohrenbetäubend. Auch der Magen vibriert mit, was mich daran erinnert, dass ich noch nichts gefrühstückt habe. Mit dem ersten Tageslicht erscheint der Holzkatamaran, den wir in Hiva-Oa schon gesehen haben und der dort zusammengebaut wurde. Eine Empfangszeremonie mit Trommeln und Gesang beginnt. Nach einer Stunde darf die Crew des Katamarans dann an Land und es gibt eine kleine Pause. Zeit zu frühstücken. Während des Festivals wurden zahlreiche Stände aufgebaut, an denen man sich verpflegen kann. Wir bekommen einen Kaffee und ein Baguette mit Marmelade, bevor wir uns wieder auf dem Festplatz einfinden. Es geht weiter mit der Vorstellung der verschiedenen Inseln und der Überreichung von Geschenken an die Obrigkeit von Nuku-Hiva. Anschließend werden wir in die Mittagspause entlassen. Es hat inzwischen 29 °C, und die Sonne knallt gnadenlos auf deine Haut. Wir sind froh, dass wir flüchten und ein schattiges Plätzchen finden können. Ab 18.00 Uhr findet ein vierstündiges Abendprogramm statt, bei dem jede Inselgruppe ihre Tänze aufführt. Ein langer Tag geht zu Ende, der uns durch das Dargebotene so beeindruckt hat, wie schon lange nichts mehr.

Trommler auf Nuku-Hiva, Marquesas

Das polynesische Festival findet alle vier Jahre auf den Marquesas statt. Die Inseln wechseln sich mit der Ausrichtung ab. Dieses Jahr ist es Nuku-Hiva. Die Hauptaktivitäten finden in der Taohae Bay statt. Aber auch an anderen Plätzen auf der Insel werden Tagesveranstaltungen durchgeführt. Am nächsten Tag machen wir uns auf den Weg nach Taipivai. Hier nehmen wir unter anderem an einem traditionellen Mittagessen teil. Das Essen kommt aus einem Erdofen, der tags zuvor angelegt wurde. Vor der Stätte, an der die Tänze aufgeführt werden, hat man ein riesengroßes Zelt aufgebaut. Hier wird das Essen nach und nach, unter lautem Gesang und Getrommel, zu einem riesigen Buffet aufgebaut. Es gibt Fisch, Schweinefleisch, Ziege, Rind, Maniok, eine undefinierte schwabblige weiße Paste und Kochbananen. Selbstverständlich auch die bekannte Brotfrucht. Zum Nachtisch diverse Früchte. Einzig an das Essen heranzukommen ist bei der Unzahl an Menschen eine große Herausforderung. 

Halskette auf Nuku-Hiva, Marquesas

Während Gaby sich beim Essen anstellt, übernehme ich den schwierigeren Part, den Platz unter einem großen, schattenspendenden Baum freizuhalten. Die Taktik, morgens um 9.00 Uhr sein Handtuch über die Liege am Pool zu werfen und dann erst noch einmal eine Runde zu schlafen, funktioniert hier irgendwie nicht so richtig. Der Polynesier, an sich ein recht friedfertiger Mensch, kennt, glaube ich, keine Handtücher und weiß schon allein deshalb mit der Symbolik gar nichts anzufangen. Der Lappen würde sich innerhalb kürzester Zeit der Farbe des Bodens anpassen und wäre gar nicht mehr auffindbar. Also muss da Masse ran. Ich lege mich darum unter den Baum. Um Fläche zu belegen, mime ich den liegenden Buddha. Trotz, dass ich angerempelt, Kinder ihr Essen über mich entleerten oder man nachschaute, ob ich überhaupt noch am Leben bin, verteidigte ich den Platz hartnäckig. Nicht gegen die Polynesier, nein, gegen eine Horde französische Segler, die diesen wunderschönen schattenspendenden Baum entern wollen. Ich erwähne diesen Sachverhalt nur, um den Stimmen vorzugreifen, die der Meinung sind, dass doch ein Rollentausch hier notwendig gewesen wäre. Gaby wäre mit ihrer Statur nicht gegen die Horde Franzosen angekommen und der Platz wäre unwiederbringlich weg gewesen. Also genießen wir unser Essen und schauen uns danach noch ein wenig auf dem Festgelände und der kleinen Ortschaft um. Gegen 16.00 Uhr werden wir von unserer Taxifahrerin wieder abgeholt. Im Sammeltaxi geht es wieder zurück nach Taiohae, wo am Abend wieder eine Abendveranstaltung stattfindet.

It´s party-time, Nuku-Hiva, Marquesas

Am nächsten Tag findet die Tagesveranstaltung in Hatiheu statt. Die Kultstätte liegt etwas abseits vom Dorf in einem Wald und bietet wohl die schönste und schattigste Kulisse dieses Festivals. Denn eins muss man sagen, die Sonne kann einem hier ganz schön zusetzen. Die Taxipreise für die Sammeltaxis schlagen anständig zu Buche. Glück hat der, der noch eine Mitfahrgelegenheit bei einem der Mietwagen bekommen hat, die über das Festival natürlich auch alle ausgebucht sind. Auch heute gibt es wieder ein Abendprogramm, das traditionell ausgerichtet ist.

Tanzen, Nuku-Hiva, Marquesas

Am vierten Tag findet die Tagesveranstaltung in der Bucht von Taiohae statt, aber diesmal an der archäologischen Stätte Koueva.

Kämpfer, Nuku-Hiva, Marquesas

Der fünfte und letzte Tag endet dort, wo das ganze Festival begonnen hat. Am Vormittag, noch traditionell, wird die Abendveranstaltung in die Moderne überführt. Die Trommeln schweigen, und für die Musik wird die E-Gitarre und der Bass wieder herausgeholt. Wenn wir auch nicht alles verstanden haben, ist es eine Veranstaltung, die man sich nicht entgehen lassen sollte. Wir haben uns gefreut, dass noch soviel Tradition bei den Polynesiern hängen geblieben ist und dass man versucht, sie weiter am Leben zu erhalten. Wir bedanken uns bei unseren Gastgebern, dass sie uns ihre Kultur näher gebracht haben.
Ich hoffe, dass meine Geduld ausreicht, um euch auch ein paar Bilder zu übermitteln. Bis dahin, immer eine Handbreit Wasser unter dem Kiel, und haltet die Ohren steif.

Kommentare

Beliebte Posts