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Feuchte Träume

Dunkle Wolken ziehen immer wieder über den Mount Orohena, den Hausberg von Papeete. Man kann das Wetter zurzeit als durchwachsen bezeichnen. Immer wieder gibt es mal einen Regenschauer. Das Ganze ist eigentlich relativ unproblematisch, da so ein Regenschauer nicht wirklich irgendetwas an der Temperatur ändert. Ja, es scheint so, als ob auf Tahiti überhaupt nichts die Temperatur ändern könnte. Tag und Nacht hat es eine durchschnittliche Lufttemperatur von 29 °C. Ob am Boden gemessen oder zehn Meter über dem Boden, ob bei Regen oder Sonnenschein. Für einen Klimatologen dürfte das äußerst langweilig sein. Ich habe mich mittlerweile daran gewöhnt. Aber wie das so ist, hat auch solch ein Wetter seine Tücken. Wie sich jeder vorstellen kann, ist es bei diesen Temperaturen schwer, einzuschlafen. In der Koje staut sich die Luft und aufgrund des wenigen Windes kommt nicht genügend Frischluft über die Luke ins Innere. Irgendwann schläft man dann doch ein, die besagte Luke weit aufgerissen. Träumt

Der botanische Garten Madeira

Wenn einem Segler auf Langfahrt etwas fehlt, dann sind es die Pflanzen und Blumen, die es auf See einfach nicht gibt. Wir haben einen Basilikumstrauch an Bord, den wir hegen und pflegen. Mittlerweile ist es ein beachtlicher Strauch geworden, den wir damals in Italien als kleines Pflänzchen erstanden haben, doch kann das eine blühende Landschaft natürlich nicht ersetzen. Umso mehr freut man sich, wenn auf einer Insel eine so vielfältige und exotische Pflanzenwelt, wie auf Madeira anzutreffen ist. 

Funchal Madeira

Nebel zieht auf und wo vor wenigen Sekunden die Felswand noch zu sehen war, sieht man die Hand vor Augen nicht mehr. Der Pico Ruivo ist mit 1875m der höchste Berg auf Madeira. Vom Pico do Arieiro sind es runde sechs Kilometer. Sechs Kilometer die es in sich haben. Zunächst führt der Weg vom Gipfel des Arieiro steil bergab bis auf unter 1500m, dann folgt eine relativ flache Passage bis man wieder steil zum Ruivo ansteigen muss. Ringsherum steil abfallende Hänge, so wie in den Anden. Die Vegetation ist gigantisch. Hier wächst und blüht fast alles.

Bergtour Ruivo, Madeira

Blau, rot, gelb und vor allem das intensive grün ist faszinierend. Am Wegrand laufen Rebhühner entlang, die offensichtlich Wanderer gewohnt sind. Ich stehe im ersten Tunnel und versuche die Handylampe zu aktivieren, was mir als Endfünfziger, nicht gleich gelingt. Wenn ich eine App auf dem Handy nicht einmal die Woche benutze, fallen mir deren Anwendung und vor allem das Auffinden immer etwas schwer. Aber ohne Licht geht in dem Tunnel nichts, man sieht weder wo man hin tritt, noch wie tief die Decke herunter kommt. In der Flachpassage folgen noch weitere drei dieser Tunnel. Kurz vor dem Gipfel findet sich eine Berghütte, in der man sogar einen Kaffee bekommt. Auf dem Gipfel angekommen haben sich alle Mühen gelohnt. Man wird mit einer Wahnsinnsaussicht belohnt. 

Ruivo,Madeira

Auf dem Rückweg stehe ich am Aufstieg des Arieiro und sehe die Felswand, an der der Weg entlang führt im Nebel verschwinden. Für nicht ganz Schwindelfreie kann das durchaus ein Vorteil sein, sieht man doch nicht, wie weit es nach unten geht. Aber Scherz beiseite, wenn man nicht schwindelfrei ist, sollte man die Tour nicht machen, dazu sind die Grade zu schmal und die Auf.- und Abstiege zu steil. Der Weg ist gut gesichert und ich hangele mich wegen der mangelnden Sicht am Drahtseil entlang. Gut, ich gebe zu, ein bisschen hängt das auch mit den schwindenden Kräften zusammen, die einen aufrechten Gang immer schwerer machen. Nach 6 Stunden, 12 Kilometer und rund 800 Höhenmeter sind meine Seebeine froh wieder am Ausgangspunkt angekommen zu sein. Schön war’s! 


Rebhuhn am Arieiro, Madeira

Leider kann ich nicht verhehlen, dass der Muskelkater in den nächsten Tagen, gar garstig war. Doch auf solche Kleinigkeiten kann Gaby keine Rücksicht nehmen, schliesslich gibt es auf der Insel ja noch viel zu erkunden. Funchal, die Hauptstadt der Insel hat viel zu bieten. Wir besuchen sie an mehreren Tagen. Heute waren der Hafen, das Kolumbusdenkmal und der Markt an der Reihe. Wir sind froh die Marina Quinta do Lorde angelaufen zu haben. Zwar ist hier überhaupt nichts los, ja des Nachts ist das verlassene Hoteldorf sogar etwas unheimlich, aber die Infrastruktur ist deutlich besser und es gibt hier viel mehr Platz. Der Hafen von Funchal ist eng und stark überlaufen. Die Toiletten und Duschen sind alt. Im Südwesten der Insel gibt es noch eine weitere Marina die zu dem Zeitpunkt, als wir sie besuchten fast leer war. Die Marina da Calheta hat ebenfalls eine moderne Infrastruktur und ist dann auch die Günstigste der drei. Das Kolumbusdenkmal ist oberhalb des Hafens im Santa Catarina Park. Zumindest sollte es da sein. Durch Vandalismus wurde die Statue beschädigt und schliesslich entfernt, im Moment steht nur noch der Sockel da. 

Ersatzkolumbus Funchal, Madeira

Manche Leute haben einfach ein Problem, das tief zu sitzen scheint und das offensichtlich nur mit Zerstörungswut bekämpft werden kann. Bedauerlich wenn man sich seiner Mitwelt nicht mehr anders mitteilen kann. Damit wir nicht umsonst hier sind und für alle Kolumbusfans, hab ich mal kurz den Kolumbus gemimt. Zumindest steht Sissi, ein paar hundert Meter weiter, an ihrem Platz, was uns wieder ein wenig positiv stimmt. Ein Besuch des Markts von Funchal darf nicht fehlen und so quälte ich mich mit meinem Muskelkater quer durch die Stadt zum Markt Lavradores. Auf dem Weg dorthin liegt die Kathedrale von Funchal, die wir ebenfalls besichtigten. Doch heute haben wir mit unseren Sehenswürdigkeiten einfach kein Glück, in der Kathedrale finden zurzeit grössere Renovierungsarbeiten statt und das meiste ist eingerüstet und mit hässlicher Folie zugehängt. In der Markthalle bis du als Tourist, in Corona Zeiten, Freiwild. Im Hafen liegt kein einziges Kreuzfahrschiff und Touristen sind auf der Insel nur wenige zu sehen. Die Markthalle ist praktisch leer, sobald du sie betrittst stürmen die Händler auf dich zu. Rette sich wer kann in die Fischhalle, hier ist man vor aufdringlichen Standbesitzern sicher. 

Markthalle Funchal, Madeira

Ten, nine, eight, seven… Wir sitzen in unserem Fiat Panda, ich habe gerade den ersten Gang eingelegt, die Erdanziehungskraft drückt uns, nicht durch die Beschleunigung (ein Fiat Panda hat keine Beschleunigung), mehr wegen der Masse, tief in den Sitz. Die Strasse, gerade mal so breit wie das Gefährt selber führt mit 25% Steigung den Berg hinauf. Links und rechts fällt es ebenso steil mindesten 600m ins Tal ab. Neben mir schreit es: „Da fährst du jetzt nicht rauf!“ Durch die Fliehkraft ist meine Nackenmuskulatur dermassen angespannt, dass nur noch ein geradeaus Schauen möglich ist. Ich versuche es dennoch höflichkeitshalber den Kopf ein wenig zu drehen, was nicht gelingt….six, five, four, three…. der Panda röhrt im ersten Gang, ich glaube die erste Stufe hat gezündet. …two, one, zero, mit sage und schreibe 20km/h fahren wir den Berg hoch, das Gaspedal voll durchgetreten, aus Verzweiflung den Handbremsenknopf immer wieder betätigend, schaffen wir es nach einer halben Ewigkeit, die Strassenneigung flacht ab, der Anpressdruck lässt nach und auch der Kopf kann wieder gedreht werden. Neben mir sitzt, mit Schweissperlen auf der Stirn und feuchten Händen, Gaby, dem Tod nur knapp entronnen, zumindest sieht sie so aus. Wer sich in Madeira von der gut ausgebauten Schnellstrasse ins Landesinnere begibt muss mit engen, steil ansteigenden oder abfallenden, Strassen rechnen. 25% Steigung sind da keine Seltenheit. Dafür sind der Ausblick und die Tiefsicht gigantisch. Wir fahren kreuz und quer über die Insel, besuchen Paul, die Hochebene im Westen und machen in Seixal, einem Fischerdorf, halt um unseren ersten Degenfisch zu essen. In Ribeira da Janela bauen wir am Strand unser eigenes Steinmanderl und geniessen den Ausblick aufs Meer. 

Nordwestküste bei Ribeira da Janela, Madeira

Wir bereisen die Nordostküste von Porto da Cruz über Sao Jorge, Ponta Delgada bis Sao Vicente und fahren über Funchal zurück. Und wieder krallen sich die Fingernägel tief in mein Fleisch. Wir sitzen in einem Korbschlitten im Stadtteil Monte oberhalb von Funchal. Am Morgen sind wir mit der Gondel nach oben gefahren um eine Rodelpartie zu unternehmen. Dem Hinweis von mir, auf Grund des hohen Körpergewichts, statt den zwei Schlittenlenkern lieber Drei einzusetzen, ist man nicht nachgekommen. Der Schlitten besteht aus einem Korbgeflecht unter dem Holzkufen montiert sind. Damit es dann auch flutscht werden die Kufen mit einem Fettlappen eingefettet. Auch hier hat es gut und gerne 25% Gefälle. Dort wo es etwas flacher wird, helfen die beiden Schlittenlenker etwas nach, doch meistens ist es so steil, dass der Schlitten von alleine beschleunigt. Die Route ist runde zwei Kilometer lang und führt über das reguläre Strassennetz – inklusive Strassenkreuzungen, sinnigerweise direkt am Krankenhaus vorbei, man weiss ja nie. Wir haben es überlebt und bevor wir den Fussmarsch hinunter nach Funchal antreten, bekämpfen wir erst einmal die etwas weich gewordenen Knie. 

Korbschlittenfahrt Funchal, Madeira

Eine ereignisreiche Woche geht zu Ende. Die nächste Etappe will vorbereitet sein, wir verproviantieren uns und schauen nach einem geeigneten Wetterfenster, um unser Endziel für dieses Jahr, die Kanaren zu erreichen. Wann und wie wir die Kanarischen Inseln erreichen und welche Insel wir schliesslich treffen, erzählen wir euch das nächste Mal hier in unserem Blog auf Glens Welt. Bis dahin, wie immer, eine Handbreit Wasser unter dem Kiel und haltet die Ohren steif.

Wetter vom 22.11.2020


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