Russell ist eine der ältesten Städte in Neuseeland und war kurzzeitig sogar Hauptstadt. Ende des 18. Jahrhunderts wurde die Stadt von
Māori bewohnt und hieß
Kororareka. Anfang des 19. Jahrhunderts kamen dann die ersten Europäer. Zunächst Walfänger und Händler, die in der Stadt eines der ersten Handelszentren Neuseelands errichteten. Die Stadt wuchs schnell und auch andere Leute gesellten sich dazu. Sträflinge aus Australien und desertierte Seeleute schafften es schnell, dass dieser Ort das Höllenloch des Pazifik genannt wurde. Die Stadt wurde dann nach dem englischen Premier
Lord John Russell umbenannt und war, nach der Unterzeichnung des Vertrages von Waitangi 1840, kurze Zeit Hauptstadt von Neuseeland. Jedoch schon im September 1840 wurde
Auckland zur Hauptstadt gewählt, was den damaligen Māori-Stammesführer Hone Heke sehr erzürnte und er einen Krieg gegen die Engländer vom Zaun brach. 1845 brandschatzte er den Ort und die weiße Bevölkerung flüchtete nach Auckland. Die Briten brauchten drei Anläufe, bis sie die Situation 1846 wieder im Griff hatten.
 |
| Hafenpromenade Russell, Neuseeland |
Die älteste Kirche Neuseelands blieb von den Ereignissen, bis auf ein paar Einschusslöcher, verschont und ist noch heute zu besichtigen. Von den rauen Gesellen sieht man heute nichts mehr. Allerdings hat Russell den alten viktorianischen Stil behalten und es scheint, als sei die Zeit stehen geblieben. Wir laufen an der Hafenfront entlang und stellen uns vor, wie sich damals die Walfänger mit den Seeleuten stritten und rauften. Die Kirche ist schlicht und einfach, und der Friedhof davor ist wesentlich interessanter. Hier kann man die Bevölkerungsstruktur des 19. Jahrhunderts auf den Grabsteinen ablesen.
 |
| Kirche in Russell, Neuseeland |
Nachdem wir letzte Woche die Wanderung zu den Wasserfällen Harurus genossen haben, machen wir uns auf den Weg, den Flagstaff Hill hinaufzulaufen. Von hier oben hat man eine fantastische Aussicht auf Russell und die
Bay of Islands. Vom Flagstaff Hill geht es weiter nach Tapeka und zum Tapeka-Aussichtspunkt. Auch dieser Aussichtspunkt ist die Mühe des Aufstiegs wert. Den Rückweg nehmen wir durch einen dichten Wald von Bäumen und Farn. Der Kiwi ist hier heimisch, allerdings bekommen wir keinen zu Gesicht, da die Tiere nachtaktiv sind. Zurück in Russell gibt es in einer der urigen Kneipen erst einmal etwas zu trinken. Zurück auf der Katinka Enjoy machen wir das Boot für die nächste Etappe klar. Wir wollen nach
Whangamumu Harbour. Dort gibt es eine alte Walfangstation.
 |
| Ausicht vom Flagstaff Hill Rusell |
 |
| Ausichtspunkt Tapeka Bay of Islands |
 |
| Wanderweg durch baumhohes Farn, Russell |
Der Wind am nächsten Morgen ist eher schwach, nimmt aber im Laufe des Tages zu, sodass wir mit unserer Genua sehr gut zurechtkommen. Die Durchfahrt zwischen Otuwhanga Island und den Inseln Tiheru und Motukokako ist spektakulär. Wir verlassen die Bay of Islands und bestaunen das riesige Loch, das die Brandung durch den Fels der Motukokako-Insel geschlagen hat.
 |
| Motukokako Island, Neuseeland |
Runde fünf Seemeilen im Süden befindet sich die geschützte Bucht von Whangamumu, die, wie der Name schon sagt, für die Walfänger damals als Hafen fungierte. Unser Anker fällt auf sechs Meter in den Sand. Ein weiterer Katamaran und zwei Fischerboote sind für heute Nacht unsere Nachbarn. Wir machen das Dinghy klar und fahren zum Strand, um uns die Reste der Walfangstation anzuschauen. Auch hier hat sich die Natur vieles wieder zurückgeholt. Ein kleiner Bachlauf, der von einem nahen Wasserfall gespeist wird, mündet unmittelbar neben der Station ins Meer. Der Bachlauf ist mit baumhohem Farn und üppigem Grün überwuchert. Unmittelbar nach dem steinigen Strand tritt man in eine andere Welt. Der Dschungel verschlingt einen und innerhalb von Sekunden ist man, von der Bucht aus, nicht mehr zu sehen. Die Walfangstation zeugt von einer alten, vergangenen Zeit. Gebäude, die damals aus Brettern zusammengenagelt wurden, gibt es natürlich nicht mehr. Aber die Bottiche, in denen das Walfleisch gekocht wurde, und der alte Dampfkessel stehen noch. Außerdem sieht man die Rampe, auf die der Wal an Land gezogen wurde. Alles in allem ein morbider, dem Zerfall überlassener Ort. Schaurig schön.
 |
| Katinka Enjoy in Whangamumu Harbour, Neuseeland |
 |
| Alter Kessel der Walstation Whangamumu Harbour |
Am nächsten Morgen geht es weiter nach
Tutukaka Harbour. Die ungefähr 25 Seemeilen müssen wir leider überwiegend mit dem Motor zurücklegen. Aber wir wollen rechtzeitig vor dem angekündigten Tief, das bis zu 35 Knoten Wind bringen soll, in einer sicheren Bucht liegen. Wir erreichen Tutukaka und werfen den Anker auf sechs Meter in den Grund. Aufgrund der Wettervorhersage geben wir etwas mehr Kette, was sich als sehr vorteilhaft erweist. In der Nacht fängt es kräftig an zu blasen und ich hoffe, dass der reparierte Hahnepot hält. Auch am nächsten Tag wird das Wetter nicht besser. Im Gegenteil, es fängt an zu gewittern und Regenschauer ziehen über uns her. Der Wind erreicht tatsächlich in der Böe bis zu 35 Knoten. Erst am nächsten Tag lässt der Wind allmählich nach und wir können an Land.
 |
| Tutukaka Harbour, Neuseeland |
In der Marina gibt es eine sehr gute Pizzeria und im Ort einen kleinen Supermarkt. Nachdem wir unseren Proviant ein wenig aufgestockt haben, probieren wir die Pizza, die tatsächlich hervorragend schmeckt und aus dem Holzofen kommt. Morgen geht es dann weiter nach
Whangarei. Auch diese Strecke werden wir vermutlich überwiegend mit dem Motor zurücklegen, da die Windprognosen eher mau sind. Nachdem ich heute wieder eine kleine Leckage unter der Küchenzeile abgedichtet habe, werden wir Whangarei für umfängliche Wartungsarbeiten nutzen. Filter müssen ausgetauscht werden, der Wassermacher wird eingemottet und Ersatzteile werden mal wieder beschafft. Wenn ihr nichts verpassen wollt, abonniert unseren Blog. Bis zur nächsten Woche, immer eine Handbreit Wasser unter dem Kiel und haltet die Ohren steif.
Kommentare
Kommentar veröffentlichen