Seit gestern haben wir schönes Wetter. Die Tage davor waren mit mehr oder weniger Squalls überzogen. Jene hässlichen Dinger, die ihr graues, gieriges Maul weit aufreißen, als wollten sie dich samt dem Segelboot verschlucken. Wenn dich ein solcher Regenschauer erwischt, zieht dich dieser mit 25 Knoten und mehr in seinen teuflischen Schlund, und es fühlt sich an, als ob du gerade die Kehle des Teufels hinunterrinnst, direkt in die Hölle hinein. Wenn mal jemand tatsächlich wissen will, was Regen ist, dem empfehle ich einen solchen Squall. Wie gesagt, seit gestern ist das Wetter schön, der Wind moderat, ich glaube, man sagt dazu Champagner-Segeln. Doch nach dem Sturm ist vor dem Sturm und so braut sich über das Wochenende wieder eine neue Front zusammen. Diesmal kommt sie aus dem Süden. Wenn man den Vorhersagen Glauben schenkt, kommen da bis zu 46 Knoten und 66 Knoten in der Böe. Zugegeben etwas weiter südlich als unser Fahrgebiet, aber der Wind dreht dadurch auf Nordwest, was es schwierig macht, nach American Samoa zu gelangen.
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Pass Bora Bora, Französisch Polynesien |
Die Entscheidung, von Bora Bora direkt nach American Samoa zu segeln, ist erst auf dem Weg dorthin gefallen. Ursprünglich wollten wir einen Zwischenstopp in Suwarrow einlegen. Suwarrow ist ein kleines Atoll und Naturschutzreservat. Das Eiland gehört zu den Cookinseln. Ohne in einem offiziellen Einklarierungshafen eingecheckt zu haben, ist es nicht erlaubt, Suwarrow anzulaufen. Doch es gibt eine Ausnahme. Die Insel wird normalerweise von einem Ranger überwacht. Mit seiner Erlaubnis darf man für ein paar Tage bleiben. Aber wie das Leben so spielt, ändern sich die Dinge oft, und so erreichte uns kurz vor der Abfahrt die Information, dass Suwarrow bis auf Weiteres gesperrt ist. Auch meine offizielle Anfrage an die Behörde wurde nicht beantwortet, sodass wir uns letztendlich entschieden, die Cookinseln auszulassen und direkt nach American Samoa zu segeln.
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Ein Squall schleicht sich von hinten an |
Wir haben jetzt ungefähr die Hälfte der Strecke zurückgelegt. Zehn Tage haben wir uns für die Überfahrt gegeben, und am Anfang sah das auch alles sehr einfach aus. Der Wind bläst mit 12 bis 15 Knoten aus Ost, die Welle ist nicht über zwei Meter, also alles, wie sich die Kapitana Segeln vorstellt. Der Wind war die letzten Tage deutlich niedriger, aber immerhin erreichten wir Etmale von um die 100 Seemeilen. Es gab also nichts an unserem Plan zu ändern, und so ist der Kurs direkt auf American Samoa abgesteckt. Wir befinden uns im Samoa Basin und wie der Name schon sagt, ist es ein kleines Becken in diesem riesigen Pazifischen Ozean, das östlich von Samoa liegt. Ich sehe vom Cockpit hinaus aufs Meer und frage mich, wo das nächste Land zu finden ist. Das Kuriose an dieser Position ist, dass von Nord nach Süd nichts außer der Arktis und der Antarktis ist. 4000 Seemeilen in den Norden und 4000 Seemeilen in den Süden, keine Landmassen und somit natürlich auch keine Menschen. Das muss man sich einmal vorstellen. Solche Dinge faszinieren mich immer wieder neu. Zumal wir wissen, wie sich 4000 Seemeilen anfühlen, besonders wenn kein Wind herrscht. Ich bin froh, dass die Überfahrt von Bora Bora nach American Samoa nur schlappe 1100 Seemeilen lang ist. Vorausgesetzt, man kann die direkte Route fahren. So sieht es im zweiten Abschnitt nun nicht mehr aus. Es gilt, sich über den zweiten Streckenabschnitt Gedanken zu machen.
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Steuerstand auf der Katinka Enjoy |
Zum einen haben wir einen ausreichenden Sicherheitsabstand zum Starkwindgebiet, zum andern saugt dieses Gebiet aber uns den Wind ab. Der Wind dreht auf Nordwest und später sogar auf West, was für uns bedeutet, den Wind auf die Nase zu bekommen. Jeder Katamaransegler weiß, was das bedeutet. Je schwerer der Katamaran ist, desto bescheidener ist die Amwind-Performance, und wir fahren einen LKW. Ich brauche also Höhe, um möglichst viel Winkel auf einem Amwindkurs zur Verfügung zu haben. Also haben wir unseren direkten Kurs verlassen und werden jetzt zwei Tage Richtung Nordwesten segeln. Das verlängert zwar den Weg, am Ende habe ich aber den besseren Winkel, um das Ziel zu erreichen. Sofern, da, wo wir ankommen, auch noch Wind ist. Sollte das nicht der Fall sein, hat sich die Katze mal wieder selbst in den Schwanz gebissen. Ich hake so etwas dann immer als neue Erfahrung ab, bei der Kapitana bin ich mir nicht so sicher.
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Mittagessen auf hoher See |
Ob das Ganze gelingt, steht in den Sternen, zumal auch noch eine nicht unwesentliche Strömung von bis zu zwei Knoten gegen uns setzt. Das macht die Sache wieder einmal zu einer Geduldsprobe. Diese Strömung bremst uns schon seit Bora Bora ein und nimmt im Schnitt einen guten Knoten Fahrt aus dem Schiff. So was macht einen auf Dauer kirre. Das ist wie wenn du mit einem Auto auf der Autobahn Vollgas fährst und dabei die Handbremse angezogen hast. Gut, der Vergleich hinkt ein bisschen, es soll ja Leute geben, die merken das gar nicht, aber bei uns gibt es dafür eine Anzeige im Cockpit und die sticht mir jedes Mal ins Auge, wenn ich darauf schaue.
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Lagerstätte während der Freiwache |
Es gibt einfach Dinge, an die kann ich mich nicht gewöhnen. Wie dem auch sei, ich hoffe, dass die Strategie aufgeht. Ob das der Fall ist, erzähle ich euch im nächsten Blog. Bis dahin immer eine Handbreit Wasser unter dem Kiel und haltet die Ohren steif.
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