Video Specials

Grenzerfahrungen

„Man merkt ja gar nicht, dass man sich auf einem Schiff befindet“, war die Aussage einer unserer Gäste, die sich seit letztem Donnerstag an Bord befindet. Diese Aussage war sicherlich ein bisschen voreilig und resultierte aus dem schönen Wetter und dem Umstand, dass sich der Wind von Nordwest wieder auf den sonst vorherrschenden Nordost-Passat eingestellt hat. 

Moorea

Nach ein paar Tagen Eingewöhnung brechen wir auf und segeln nach Moorea. Für uns ist das die Jungfernfahrt und es gilt, einiges auf dieser Fahrt auszuprobieren. Die Windverhältnisse sind günstig und wir schlagen den Gennaker an. Schon beim Herausfahren aus der Box stelle ich eine merkliche Veränderung bei der Steuerung zwischen einer Hydraulik und einer Seil geführten Anlage fest. Die Hydraulik war mir lieber. Auch das Gewicht, immerhin fast doppelt so viel wie bei unserer alten Katinka, macht sich bemerkbar. Etwas vorsichtig, aber unbeschadet erreichen wir das Hafenbecken, nachdem die Port Authority uns die Freigabe über VHF 12 erteilt hat. Die Crew wirkt noch ein bisschen eingerostet. Zum einen liegt das an der zu langen Hafenzeit, zum anderen haben wir Landratten an Bord. Um die Fender einzuholen, reicht das riesige Hafenbecken in Papeete nicht aus. Im Freiwasser erwartet uns zwar nur eine moderate Welle, aber die Crew bekommt weiche Beine. Erste Grenzerfahrungen werden gemacht und der Tage zuvor gemachte Spruch verstummt in den Wellen des Südpazifiks. 

Katinka Enjoy nimmt Fahrt auf

Hier draußen haben wir fast 20 Knoten Wind und ich schieße in denselben, um das Groß zu setzen. Sieht man einmal davon ab, dass sich der Katamaran in der Welle gegenan wie jeder andere Katamaran verhält, ist das Segelsetzen mit einer Elektrowinsch und die Umlenkung aller Schoten und Fallen ins Cockpit eine sehr komfortable Geschichte. Das Groß im ersten Reff, fallen wir ab und setzen Kurs auf Moorea. Allein mit dem Großsegel machen wir 5,6 Knoten. Ich nehme den Gennaker noch hinzu und bei 16 Knoten Wind packen wir noch einmal drei Knoten Fahrt drauf. Das ist eine andere Hausnummer als unsere alte Katinka. Mit fast neun Knoten schießt unsere Katinka Enjoy wie ein Fohlen, das aus dem Stall gelassen wurde, auf Moorea zu. Die Welle bleibt mit 1,5 Metern moderat, was dem Gesundheitszustand der Crew sehr entgegenkommt.

Katinka Enjoy unter Gennacker

Wir erreichen Moorea bei abnehmendem Wind und laufen in die Cooks Bay ein. Auf einer Sandbank hinter dem Außenriff lassen wir in drei Metern Wassertiefe den Anker fallen. Hier waren wir schon einmal gelegen, als wir mit unserer alten Katinka das Motorproblem hatten. Bei 14 Knoten Wind steht die Ankerkette im Hahnepot stramm. Der Wind bläst uns um die Nase und das Boot hat deutlich mehr Bewegung als in der Marina. Für unsere Landratten an Bord erneut eine Grenzerfahrung. Ich springe ins Wasser und schaue mir die Lage des Ankers an. Endlich einmal wieder bunte Fische um mich herum. Tiefblau mit gelben Streifen und einem schwarzen Punkt. Einfach schön anzusehen. Der Anker hat sich sauber eingegraben und ich kehre zufrieden aufs Boot zurück.

Moorea Cooks Bay Aussenriff

In der Nacht merken unsere Gäste dann, dass sie sich auf einem Boot befinden. Windböen lassen den Anker immer wieder mit einem Ruck in den Hahnepot einfahren. Unsere Gäste machen weitere Grenzerfahrungen. Es ist halt ein sehr windiges Eck, aber ab und zu kann man auch einmal einen Wal zu Gesicht bekommen. Doch ich bin nicht nur tierlieb, sondern auch ein Menschenfreund, und so sehe ich es der Crew an der Nasenspitze an, dass zwar die Kulisse passt, aber die äußeren Umstände ein gewisses Unwohlsein auslösen. Ich erbarme mich und wir gehen Anker auf, um ins Innere der Cooks Bay zu versetzen. Hier ist deutlich weniger Wind. Durch die steil ansteigenden Berge liegen wir hier sehr windgeschützt. Auf 18 Meter fällt der Anker in den Schlamm und wir liegen fast so ruhig wie in der Marina. Die Crew ist zufrieden. 

Moorea Cooks Bay

Leider streikt der Außenborder unseres Dinghys, sodass wir nicht an Land gehen können. Auch nach Reinigen des Vergasers macht der Motor keinen Mucks. Immerhin können wir mit dem Paddelboot ein paar Ausflüge machen. Für mich bedeutet das wieder eine Zeile in unserer To-do-Liste. Ein weiterer Punkt ist Wassereintritt im Motorraum. Vor allem auf Backbord hat sich eine ganze Menge Wasser angesammelt. Vermutlich ist die Abdeckung zum Motor undicht. Bei überlaufender See kann das Wasser nicht rechtzeitig über die Ablaufrinne abfließen und dringt in den Motorinnenraum ein. Leider gibt es bei Lagoon in dem Bereich keine elektrische Bilgepumpe oder ich habe den richtigen Knopf noch nicht gefunden. Das ist etwas ärgerlich, weil es eine schweißtreibende Arbeit ist. Aber für was hat man denn eine Crew?

Crew bei der Ausschau auf was da kommt

Der Rückweg von Moorea nach Papeete ist dann erwartungsgemäß etwas ruppiger. Die Windrichtung hat sich nicht wesentlich geändert und es bläst weiterhin aus Ostnordost. Also genau da, wo wir hinwollen. Das bedeutet mal wieder aufkreuzen. Für einen Katamaran nicht gerade die Paradedisziplin. Unerwartet, weil im Wetterbericht mal wieder völlig anders vorhergesagt, erwarten uns 25 Knoten Wind und eine 2,5 Meter hohe Welle. Wir laufen Nordnordost und schaffen einen Windwinkel von 40°. Damit ist dann aber auch auf der Katinka Enjoy das Maximum erreicht. Die Hälfte der Crew bevorzugt die horizontale Ruheposition, während ich mich am Steuerstand von den Wellen kräftig durchschütteln lasse. In dieser Phase machten wir wohl alle unsere persönliche Grenzerfahrung. Auf Höhe der Nordostspitze Mooreas leite ich die Wende ein. Erfreulicherweise können wir einen Kurs in die Mitte des Kanals zwischen Moorea und Papeete halten. Inzwischen haben wir in der Böe bis zu 28 Knoten und diverse Inneneinrichtungsteile machen sich auf Grund der Fliehkraft selbständig auf Wanderschaft. Das wäre nicht weiter tragisch, wenn sie auf ihrem Weg auch den Höhenunterschied beachten würden. Das ist nicht der Fall und so kracht es im Salon ab und zu gewaltig, was der horizontal ruhenden Crew allenfalls ein Grunzen entlockt und das drehen der horizontal liegend Achse von links nach rechts. Zu allem Überfluss kommt uns noch der Fährbetrieb in die Quere und wir müssen die letzten zwei Meilen gegen Wind und Welle unter Motor fahren. Nachdem wir auf Anweisung der Port Authority die Geschwindigkeit reduzieren mussten, um einer Fähre das Auslaufen zu sichern, waren wir wohl alle froh, wieder im weitläufigen Hafenbecken zu sein. Soweit ich das beurteilen kann, hat die Crew auch keinen Schaden genommen, obwohl ich mir da auf die Frage hin, wie viele Fender wir auf Backbord haben, nicht so ganz sicher war. Der Erste sagt drei, der Nächste vier. Als ich mich selbst davon überzeugte, waren es fünf, aber man kann sich ja mal verzählen oder so einen klitzekleinen Fender übersehen. Wie auch immer sind wir wohlbehalten wieder in Papeete angekommen und so hat jeder von uns in den letzten Tagen seine eigenen Grenzerfahrungen gemacht. Wir halten euch weiterhin auf dem Laufenden und wünschen euch immer eine Handbreit Wasser unter dem Kiel und haltet die Ohren steif.

Kommentare

Beliebte Posts