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Vollstress

Die letzten Tage hinterlassen ihre Spuren. Meine Körperausdünstungen sind wohl nur noch von jenen Menschen zu ertragen, die sie schon über zwanzig Jahre gewohnt sind, sprich also von einer Person. Obwohl sie es auch schon mit dem Kreislauf hat und nur noch Tee trinkt. Das will bei Gaby etwas heißen, wenn sie nur noch Tee trinkt. In lichten Momenten frage ich mich, ob es vielleicht an mir liegen könnte. In dieser Woche haben wir viel geschafft. Für unsere Verhältnisse sogar sehr viel. Die alte Katinka ist durch den Umzug über fünf Zentimeter aus dem Wasser gekommen. Trotz des größeren Bootes stellen wir plötzlich fest, dass wir auf unserem alten Schiff deutlich mehr Stauraum hatten. Schon am frühen Morgen rinnt der Schweiß bei dem Versuch, unser Hab und Gut auf das neue Boot zu bringen. Kiste für Kiste schleifen wir von einer Seite des Stegs auf die andere. Ein Glück, dass wir beide Boote zusammenlegen konnten. Das erspart uns den Weg über die am Nachmittag feuer heißen Planken des Steg

Die Neue

Wie oft habe ich das schon erlebt? Ein neuer Abschnitt beginnt. Etwas größer, etwas komfortabler – zwar mit den gleichen Problemen, mit denen wir uns jetzt schon seit fünf Jahren herumschlagen, aber Freiheit gibt es nicht umsonst. Für uns verändert sich gerade wieder einmal unser Zuhause. Die letzten Tage waren vom Ausfüllen von Anträgen und Formularen geprägt. Abnahme, Kaufvertrag, internationaler Bootsschein, Versicherung und all die Dinge, die es braucht, um einen Besitzwechsel auch nachweisbar zu machen. Damit wir uns nicht ganz so krass umgewöhnen müssen, haben wir die Neue, Katinka enjoy, genannt. Enjoy hieß sie bisher, und weil uns die alte Katinka immer noch sehr am Herzen liegt, wollten wir den Namen beibehalten. Daraus ist eine witzige Wortkombination entstanden, wie wir finden. Außerdem sind wir beide in die Jahre gekommen und da ist das mit dem Behalten von Namen nicht mehr ganz so einfach. Einzig die Länge des Namens macht mir ein bisschen Sorgen, wenn ich da mit Kilo, Alfa und Tango das internationale Funkalphabet herunterrasseln muss. Aber ich freue mich jetzt auch auf die Buchstaben Juliett, Oskar und Yankee. Gut, in den 25 Jahren, die wir jetzt mit eigener Yacht unterwegs sind, können wir das Buchstabieren, welches wir bisher gebraucht haben, an einer Hand abzählen, also liegt die Betonung auf „ein bisschen“.

Beide Katinkas in Papeete, Tahiti

Es wird Zeit, dass wir mit diesem Geschäft zum Abschluss kommen. Der Voreigner wird von Tag zu Tag nervöser, und ich glaube, er ist froh, wenn er seine Sachen von Bord bekommt. Es liegt nicht an uns, oder vielleicht doch auch, weil wir uns darauf eingelassen haben, aber es ist nicht ganz einfach, mit einem elf Monate jungen Kleinkind ein Boot übergabefertig zu machen. Wie auch immer man es organisiert, kommt dann doch ein wenig Stress auf. Nachdem der Vorbesitzer nach seinem letzten Ausflug gemeint hat, er müsste noch einmal Segeln, hat er auch noch den nagelneuen Ersatzanker ausprobieren müssen und ihn natürlich salzig wie er war, zurück in die Schutzhülle gesteckt. Beim Segeln hat er dann das erste Reff abgerissen und das Lazy Bag zerstört. Beides hat der Segelmacher wieder geflickt. Die Reffleine haben wir nach mehreren Stunden wieder aus dem Baum gefischt und neu eingefädelt. Jetzt hoffe ich einfach, dass er bis zur endgültigen Übergabe nicht noch mehr kaputt macht. Er ist ein lieber Kerl, aber von Segelbooten hat er keine Ahnung, und die Erfahrungen, die er sammelt, sind oft schmerzhaft für ihn. Aber jetzt hat er es ja bald überstanden.

Die Neue

Bei der Genua hatte ich bei der Besichtigung schon festgestellt, dass der Gebrauchszustand, den der Experte als gut befand, lausig bis nicht mehr zu gebrauchen war. Das Achterliek ist so ausgefranst, dass einem die Achterliekleine um die Ohren fliegt. So muss es erst einmal die Genua unserer alten Katinka tun. Ich dachte mir also, wechseln wir am Nachmittag mal geschwind die Segel. Doch hätte ich es mir ja gleich denken können, dass es nicht so einfach wird. Der obere Wirbel der Rollanlage hat nach Aufmerksamkeit gebettelt. Offensichtlich ist er schon lange nicht mehr gepflegt worden, was er mit einer Drehverweigerung beim Einrollen honorierte. Dadurch hat sich das Fall um das Profil gewickelt. Es ging dann Segel rauf und Segel wieder runter. Ganze zwei Stunden später ließ sich die Genua endlich einrollen. Ich denke einmal, da wird noch die ein oder andere Überraschung auf uns zukommen. Trotzdem freuen wir uns sehr, und ich bin gespannt, wie die erste Tiefkühlpizza aus dem eigenen Backofen schmeckt. Wenn mir jemand vor fünf Jahren gesagt hätte, dass ich mich auf eine Pizza freue, die tiefgekühlt haltbar gemacht wurde und so gar nichts mit einer Pizza zu tun hat, den hätte ich damals als kulinarischen Banausen vom Hof gejagt. Wie sich die Zeiten ändern. Im Supermarkt laufen wir mittlerweile die Tiefkühlfächer ab, um zu sehen, was da so alles Gute drin ist. Schrimps stehen bei uns auf der Liste nun ebenfalls ganz hoch im Kurs. Und auch der erste Sundowner, mit Eiswürfeln aus dem Gefrierschrank gecrasht, mit unserer seit fünf Jahren mitgeführten Crasheismaschine, die noch kein einziges Mal aus Mangel an Eiswürfeln zum Einsatz gekommen ist, wird ein Genuss werden.

Bug Lagoon 421, Tahiti

Wir stehen in den Startlöchern und, nachdem wir in der letzten Woche all den Papierkram erledigt haben, steht für die nächste Woche der Umzug an. Wir werden die Katinka ausräumen und wieder zu einem leichten Racer machen. Dazu haben wir zwei Wochen Zeit, bevor ich dann mit unserer alten Katinka nach Neuseeland aufbrechen werde. Auch hier gilt es noch eine Menge Papier auszufüllen. Das werde ich dann so nebenher, am besten nachts, erledigen. Zumindest ist schon einmal die Rumpfreinigung organisiert. Ohne sauberen Rumpf lassen Sie dich in Neuseeland nämlich nicht rein. Ein online zu beantragendes Touristenvisum reicht für den geplanten kurzen Aufenthalt aus. Brauche also nur ein bisschen Wetterglück und dann sollte alles klappen. Mal sehen, wen ich in Neuseeland alles treffe. Allerdings werde ich nur kurz da sein und, so schnell es geht, wieder nach Papeete zurückfliegen. Schließlich steht ja dann auch schon bald Weihnachten vor der Tür. Das wird dann das letzte Weihnachten sein, bevor wir im Frühjahr Französisch-Polynesien verlassen werden. Aber so lange fließt noch viel Wasser den Neckar hinunter und ich bin mir sicher, dass wir noch einiges bis dahin auf den Gesellschaftsinseln erleben werden. Bis zum nächsten Mal: immer eine Handbreit Wasser unter dem Kiel und haltet die Ohren steif.

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