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Video Specials

Sterben Economy-Flüge im Computerzeitalter aus?

Der Film, den ich ausgewählt habe, unterhält mich nur mäßig. Die Nebengeräusche sind trotz voller Lautstärke der Kopfhörer enorm, sodass ich bei längeren Dialogen, bei denen in normaler Sprachintensität gesprochen wird, nicht alles verstehe. Ich habe das Gefühl, dass durch die Kopfhörer das Fluggeräusch, ein monotones Rauschen, noch verstärkt wird. Das Display zeigt mir eine Flughöhe von fast 12000 Metern und eine Geschwindigkeit von über 900 Kilometern pro Stunde an. Am oberen Rand des Bildschirmes bewegt sich ein kleines Flugzeug und färbt den weißen Balken hinter sich blau ein. Eine Zeitangabe gibt die geflogene und die noch zurückzulegende Zeit an. Ja, die technischen Spielereien haben sich seit dem Computerzeitalter gewaltig verändert.  Abflug Tahiti Ich falle in eine Art Tagtraum. Ihr kennt das. Man kann nicht schlafen, weil die Umgebung einen wach hält, obwohl man eigentlich hundemüde ist. In der „Schweineklasse“ – zivilisiertere Leute als ich sagen auch Holzklasse (auf Neudeuts

Insel der Gegensätze, Santo Antao

Die Insel Santo Antao

Schlagartig geht das Licht aus, es ist stockdunkel. Von außen scheint der Mond ins Zimmer, das Handy leuchtet mir ins Gesicht. 35% Ladekapazität, einer inneren Ahnung folgend, schalte ich es aus. Die ungewohnte Umgebung erzeugt leichte Orientierungsschwierigkeiten und wir warten, dass sich der Strom wieder einschaltet, doch nichts passiert. Am frühen Morgen sind wir mit der Fähre von Mindelo nach Porto Novo gefahren. 

Auf der Fähre nach Santo Antao

Wir wollen uns die Insel Santo Antao, auf den Kap Verden, etwas genauer anschauen. Am Ausgangstor, im Hafenbereich, stauen sich die Menschen, Hotelbedienstete weisen mit Schildern auf ihr Etablissement hin, andere suchen nach einer Fahrmöglichkeit im Aluguer, dem Sammeltaxi auf den Kap Verden. Auf Englisch, Französisch, werde ich angesprochen ob ich eine Fahrgelegenheit benötige. Für 90€ am Tag zeigt uns Erick die Insel. Er kommt aus Paul, im Osten der Insel, und erklärt uns auf einer Karte die Route. Obwohl 90€, für die Kap Verden, ein stolzer Preis sind, willigen wir ein. Wie wir später erfahren, verdient ein Landarbeiter mal gerade 136€ im Monat. Am Ende haben Erick die 90€ nicht gereicht und er wollte mehr, da hilft dann nur Hartnäckigkeit und zähes Verhandeln. Zum Schluss bleibt es bei den 90€. Auf einer gepflasterten Straße geht es, von Porto Novo, zunächst Richtung Norden. 

Blick vom Pico da Cruz

Ob es an den abgefahrenen Reifen liegt (an den Vorderreifen ist keine Profilrille mehr zu erkennen, also sogenannte Slicks), oder den offenen Fenstern, an das Fahrgefühl auf gepflasterten Straßen, muss man sich erst einmal gewöhnen. Eine Kommunikation im Fahrzeug selbst, ist während der Fahrt nur sehr anstrengend und laut möglich. Die Kontaktfläche der Reifen, auf Pflasterstein ist, gegenüber Asphalt, deutlich reduziert, dies wird wohl mit den Slicks kompensiert. Da 90% der Straßen auf Santo Antao gepflastert sind, und nur selten Regen zu erwarten ist, macht das Sinn. Wir erreichen ein kleines Dorf und machen eine 20 minütige Wanderung zum Pico da Cruz. Von hier hat man eine wunderbare Aussicht nach Sao Vicente und die Insel Sao Nicolau. Ist die Insel auf der Fahrt nach Norden noch öde und karg, nimmt die Vegetation in den Bergen deutlich zu. Um den Pico da Cruz finden sich ausgedehnte Pinienwälder. Die Straße zurück zur alten Hauptstraße, ist in den steilen Hang hineingebaut und sehr eng. Eine Streckenbegrenzung gibt es, zumindest auf einer Seite, nicht. Da muss man seine Nerven schon etwas im Griff haben und auf den Fahrer vertrauen, insofern, ein weiterer Grund die Kontaktfläche der Reifen zu optimieren. Auf der Hauptstraße zurück, machen wir an einem Straßenkiosk halt und trinken erst einmal einen Kaffee. Dabei genießen wir den Blick in den Cove de Paul, einem alten Krater, in dem Obst und Gemüse angebaut wird. Auf Grund des nahrhaften Bodens, erfolgt hier die Ernte, mehrmals im Jahr. 

Cove de Paul

An der Corda, einer Engstelle auf dem Grat, blickt man in zwei grüne Täler. Wolkenfetzen rasen den Hang hinauf, bleiben an Felswänden hängen und reißen dann auseinander, um weiter aufzusteigen. Eine Bergdohle nutzt die Thermik und gleitet über unsere Köpfe hinweg. 

Corda

Paul bedeutet Wasser, und deshalb ist das Tal unter uns, nach dem Vornamen benannt. Nach steiler Abfahrt durch üppiges Grün und dichte Wäldern, erreichen wir Ribeira Grande. Durch die Slick Bereifung sind diese, natürlich, auch sehr empfindlich und so finden wir uns auf einem Reparaturplatz wieder, auf dem alle möglichen Dienste angeboten werden. Wir wollen es nicht so genau wissen und nutzen die Gelegenheit, um uns die Hauptstadt der Insel anzuschauen. Nach der Reparatur ist auch schon Mittagszeit und wir bekommen für, umgerechnet, 15€ ein Mittagessen für drei Personen inklusive Getränke. Dies ist auf der Insel nicht überall so, wie sich am nächsten Tag herausstellen wird. Über eine Küstenstraße geht es dann weiter nach Paul. An der Gemeinde Sinagoga vorbei, erreichen wir das fruchtbare Tal. 

Bananenstaude im Tal Paul

Neben Bananen, Papaya und Mango, werden hier Zuckerrohr, Maniok, Kartoffeln und Süßkartoffeln angebaut. Die Wolken bleiben an den senkrecht abfallenden Felswänden hängen und geben ihre Feuchtigkeit ab. In dem engen Tal wird das Wasser gesammelt und zur Bewässerung verwendet. Wir steigen am Ende des Tals aus, und wandern den steilen Pfad empor. Überall grünt und plätschert es. Am späten Nachmittag liefert uns Erick in unserer Unterkunft ab und wir beschließen Paul zu erkunden. In einem kleinen Restaurant bekommen wir Fisch zu essen. Es ist zwar nicht ganz einfach, sich verständlich zu machen, aber mit Händen und Füssen schaffen wir es dann doch und werden satt.

Das fruchtbare Tal Paul

Am nächsten Morgen haben wir immer noch keinen Strom. Auf der ganzen Insel ist die Energieversorgung ausgefallen. Auch das Internet ist tot. Erick hat einen USB Anschluss im Auto und so kann zumindest das Handy geladen werden. Wir fahren nach Tarrafal, auf der Westseite der Insel. Auf der Küstenstraße, im Südosten, entlang, erreichen wir die einzigen 15km asphaltierte Straße, auf Santo Antao. Sie führt bis Porto Novo. Danach geht es auf Pflasterstein weiter. Schnell lassen wir das üppige Grün hinter uns und die Landschaft wird wieder karg und dürr. Je weiter man nach Westen kommt, umso karger wird das Land. Ziegen sind hier wahre Überlebenskünstler. Offensichtlich finden sie in der Steinwüste immer noch etwas zu fressen. Die Häuser sind deutlich einfacher gebaut, als Dach gibt es meist nur eine Plane, die mit dürren Ästen in Form gebracht wird. Die Menschen die hier leben, schleppen Wasserkanister, kilometerweit durch die Gegend und die steilen Hänge hinauf. Fließend Wasser gibt es nicht und von dem Stromausfall auf der Insel, dürften sie auch nichts mitbekommen haben, da es auch das, in den meisten Hütten nicht gibt. 

Der Westen Santo Antaos

Kurz bevor die Straße, steil zum Meer abfällt, steigen wir aus und bewandern einen alten Eselssteig, hinunter nach Tarrafal. Es ist deutlich wärmer als im Osten der Insel, die Hitze staut sich an den Felswänden. Nach einer Stunde erreichen wir Tarrafal und finden Erick wieder. In einer Strandbar essen wir zu Mittag und man merkt an den Preisen, dass der Tourismus deutlich seine Spuren hinterlassen hat. Für zwei Personen zahlen wir diesmal etwas über 30€. Tarrafal ist ein kleines Fischerdorf im Westen der Insel, mitten im Nirgendwo. Noch nicht einmal die Straße reicht bis in den Ort. Die letzten zwei Kilometer muss man über den Strand und einem Feldweg zurücklegen. Was den Ort so interessant macht ist, dass es hier keinen Massentourismus gibt. Einzelne kleine Unterkünfte bedienen vor allem dem Individualtourismus. Bisher hat noch keine größere Hotelkette diesen Ort entdeckt. Vielleicht ändert sich das, wenn der geplante Flughafen, tatsächlich gebaut wird, doch solang ist dies ein sehr naturverbundener Ort. 

Tarrafal, Santo Antao

Wir kehren nach Porto Novo zurück und beziehen hier, direkt am Hafen, ein kleines Hotel. Am Abend schlendern wir ein bisschen durch die Stadt und stellen fest, dass die Menschen bis in die Nacht hinein am Strand liegen und im Wasser baden. Zahlreiche Aluguers warten auf Kundschaft um die Menschen zurück zu ihren Dörfern zu bringen. Inzwischen ist auch der Strom wieder da und wir sitzen in einer Bar und arbeiten unsere Emails ab.

Typische Straße auf Santo Antao

Am nächsten Tag geht es nochmals in die Berge und am Nachmittag dann wieder mit der Fähre rüber nach Mindelo. Erick holt uns am Hotel ab und wir fahren wieder einmal auf Pflasterstein steil den Berg hinauf. Vorbei an tief einschneidenden Schluchten geht es ins Gebirge. Die Erosion legt die, vor langer Zeit, durch die Vulkanaktivität, entstanden Basaltadern frei. Bizarre Gebilde, die säulenartig in den Himmel ragen. 

Felsformation im Norden Santo Antaos

Die Straße immer wieder von abbröckelndem Geröll oder Steinen übersät. Ich weiß nicht, ob es an unserem Gewicht liegt, aber unser Gefährt hat alle Mühe sich den Berg hoch zu kämpfen. Zwischen zwei Felsen hindurch erreichen wir den Pass und die gleich danach abzweigenden Serpentinen nach Alto Mira. Alto Mira ist eine Oase mitten im steilen Fels. Die Anbaufläche ist in Terrassen angeordnet. Hier wird das Obst und Gemüse für Santo Antao und Sao Vicente angebaut. Ich spreche einen Träger an, der gerade an mir vorbei geht und einen großen Behälter Tomaten auf den Schultern trägt. Er übergibt mir seine Last und ich trage sie ein Stück, um ein Gefühl dafür zu bekommen. Montag und Freitag wird der Markt in Mindelo damit beliefert, erzählt er mir. 

Tomaten auf dem Weg zum Markt

Wir gehen weiter und trinken, in einem kleinen Lebensmittelladen, einen Kaffee. Da Erick noch nicht gefrühstückt hat, kommt vom Dorf, ein Mädchen heraufgelaufen. Das dauert natürlich, genauso wie es dauert, das Frühstück zuzubereiten. Was letztendlich dazu führt, dass wir nachdem Frühstück wieder zurück müssen, um unsere Fähre noch zu bekommen. Auf der anderen Seite lernen wir das einfache Leben der Leute kennen, und das hat uns sehr gefallen. 

Alto Mira, Bergdorf auf Santo Antao

Die Uhren ticken hier einfach anders und die Kunst ist es, den Takt zu finden, dann wird auch das Warten auf ein Frühstück, zu einem Erlebnis. Tick, Tack, Tick, Tack, und schon waren wir wieder in Porto Novo und standen vor der Fähre die uns nach Mindelo zurückbringen soll. Die Diskussion über den Preis, der 2,5 Tage, wurde von mir schnell beendet und Erick begnügte sich, mit dem was wir am Anfang ausgehandelt hatten. Wir betreten die Fähre und blicken auf, schöne Eindrücke, auf der Insel Santo Antao zurück.

Santo Antao Insel der Gegensätze

Was wir in der nächsten Woche wieder so alles anstellen, könnt ihr wie immer, auf www.glenswelt.com lesen. Bis dahin eine Handbreit Wasser unter dem Kiel und haltet die Ohren steif.

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