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Feuchte Träume

Dunkle Wolken ziehen immer wieder über den Mount Orohena, den Hausberg von Papeete. Man kann das Wetter zurzeit als durchwachsen bezeichnen. Immer wieder gibt es mal einen Regenschauer. Das Ganze ist eigentlich relativ unproblematisch, da so ein Regenschauer nicht wirklich irgendetwas an der Temperatur ändert. Ja, es scheint so, als ob auf Tahiti überhaupt nichts die Temperatur ändern könnte. Tag und Nacht hat es eine durchschnittliche Lufttemperatur von 29 °C. Ob am Boden gemessen oder zehn Meter über dem Boden, ob bei Regen oder Sonnenschein. Für einen Klimatologen dürfte das äußerst langweilig sein. Ich habe mich mittlerweile daran gewöhnt. Aber wie das so ist, hat auch solch ein Wetter seine Tücken. Wie sich jeder vorstellen kann, ist es bei diesen Temperaturen schwer, einzuschlafen. In der Koje staut sich die Luft und aufgrund des wenigen Windes kommt nicht genügend Frischluft über die Luke ins Innere. Irgendwann schläft man dann doch ein, die besagte Luke weit aufgerissen. Träumt

Im Leben wird einem nichts geschenkt

Wenn man denkt «Schlimmer kann es nicht kommen» kommt es dann meistens so richtig dick. Nach unserem Ruhetag am Sonntag machten wir uns am Montag wieder an die Arbeit und am Ende des Tages war das ganze Schiff abgekratzt. 


Leider stellte sich die Grundierung als Teerepoxi heraus, die sich laut Anleitung mit dem Coopercoat überhaupt nicht verträgt. Das Zeug muss also komplett runter. Leichter gesagt als getan. Die Grundierung ist extrem hartneckig und das Schleifen mühsam. Nach 5 Tagen war der erste Rumpf sauber. Allerdings auch so gut wie kein Gelcoat mehr vorhanden, mal sehen was das noch wird. Bisher hatte der Muskel in der Mitte meiner Körperpartie meine volle Aufmerksamkeit, mittlerweile weiss ich, dass der menschliche Körper unzählige Muskeln hat. Dank der hartneckigen Farbe weiss ich auch ganz genau wo sie sich befinden, denn im Moment spüre ich jeden einzelnen. Am Tag ist man ja durch die Arbeit noch abgelenkt, aber in der Nacht wird eine einfache Drehung im Bett zu einem Akt bei dem sich Sehnen und Muskeln die Klinge kreuzen und du jeden Stich spürst, bis du nach einer gefühlten Zeitlupenstudie die neue Position im Bett erreicht hast. 


Trotzdem, oder gerade deshalb machen wir in unserem Projekt gute Fortschritte. Wenn beide Rümpfe dann abgeschliefen sind, sollte das Schlimmste überstanden sein, aber das hatte ich ja schon beim Abkratzen gesagt. Positiv zu erwähnen wäre das Wetter, das erfreulicherweise relativ stabil seine 20°C -25°C und für Oktober noch recht viel Sonne für uns bereit hält. Am Freitag hatten wir Besuch von Freunden aus Deutschland, die nach einer beeindruckenden Tour durch Italien auf dem Rückweg bei uns vorbeischauten. 


Nach einem gigantischen Sonnenuntergang an der Pier von Fiumicino fanden wir ein Restaurant mit einheimischer Küche. Schon allein von der Vorspeise, die uns aufgetischt wurde, konnte man satt werden. Der Hauptgang Fisch und die dazugehörigen Flaschen Wein rundeten den Abend ab. Diana und Michael hatten von ihrer Reise viel zu erzählen und so wurde der Abend sehr kurzweilig. Im hiesigen Irish-Pub nahmen wir dann noch einen Absacker und danach verabschiedeten wir uns ganz herzlich. Am nächsten Morgen ging es für die einen wieder nach Hause, für die anderen stand wieder ein Arbeitstag am Boot an. Der einzige Tag an denen wir nicht am Boot arbeiten ist der Sonntag. 


An diesem Sonntag war Ostia Antika geplant. Ostia Antika war einst der Hafen von Rom. In seiner Blütezeit lebten dort bis zu 55`000 Einwohner. In der Nebensaison ist der Eintritt jeden ersten Sonntag im Monat frei, wir nahmen also unsere Fahrräder und fuhren Richtung Ostia. Wie schon einmal erwähnt ist Italien nicht für Fussgänger oder Fahrradfahrer gemacht. Das Problem ist nur man sieht die Misere nicht auf sich zukommen sondern ist irgendwann einfach mitten drin. Wir radelten also unsere 5km gemütlich auf die einzige Brücke über den Tiber zu. Dort angekommen gab es sogar einen Fussgängerstreifen den wir benutzten, dieser endet dann jedoch unmittelbar hinter der Brücke auf einer Strasse. Soweit immer noch kein Problem, wir hatten ja unsere Fahrräder und radelten frohen Mutes los. Die Beschilderung «Ostia Antika» war auch gross angebracht und deutlich zu erkennen, nur befanden wir uns nach 200m auf einer doppelspurigen Schnellstrasse und wir mit unseren zwei Klapprädern auf der Standspur, wenn sie dann vorhanden gewesen wäre. Nach langen 1,5km kam dann die Ausfahrt nach Ostia an der man, man glaubt es kaum, den Zubringer der Gegenfahrbahn kreuzen musste. Da hatte bei uns der Begriff «Wildwechsel» plötzlich eine ganz neue Bedeutung. Wir schafften es dann doch irgendwie und erreichten den Haupteingang von Ostia Antika. Die Stadt ist zu zwei dritteln ausgegraben und man läuft auf den alten römischen Strassen an den Häuserresten der öffentlichen und privaten Gebäuden vorbei. Säulen, Hausportale, und Wandverkleidungen sind zum Teil noch erhalten und geben einen guten Eindruck wie die Menschen damals hier gelebt haben. 


In den Thermalbädern und hinter dem Theater sind zahlreiche wunderschöne Mosaikböden erhalten. Die Stadt wurde vier Jahrhunderte bewohnt. Nachdem die Bevölkerung Roms sich nach einem Erdbeben bis auf 15`000 Einwohner reduziert hatte und der Tiber immer mehr versandete und seinen Flusslauf änderte, war Ostia als Hafen Roms nicht mehr weiter tragbar und wurde aufgegeben. Zum Schluss lebten nur noch ein paar Sträflinge, die zur Feldarbeit abgestellt waren, in der Stadt. Danach war sie vergänglich. Da kam mir Sigmund Freud in den Sinn der einmal geschrieben hat: Mag eine Zeit kommen, wenn die Bilder und Statuen, die wir heute bewundern, zerfallen sind oder ein Menschengeschlecht nach uns, welche die Werke unserer Dichter und Denker nicht mehr versteht, oder selbst eine geologische Epoche, in der alles Lebende auf der Erde verstummt ist, der Wert all dieses Schönen und Vollkommenen wird nur durch seine Bedeutung für unser Empfindungsleben bestimmt, braucht dieses selbst nicht zu überdauern und ist darum von der absoluten Zeitdauer unabhängig. Also ist auch die Vergänglichkeit relativ, denn wir und mit uns 1000 andere Besucher bewunderten diese schöne Stadt noch heute. Doch leider holte mich mein Muskelkater wieder in die Realität zurück und nach einem schönen Tag im alten römischen Hafen Ostia steht am Montag wieder das harte Bordleben an. 


Wie wir mit unserem Projekt voran kommen und was wir sonst noch alles machen, erzählen wir Euch nächste Woche. In diesem Sinne wie immer Handbreit und haltet die Ohren steif.

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