Video Specials
- Link abrufen
- X
- Andere Apps
Der Nordost-Passat
Legende oder Mythos? Oder Opfer des Klimawandels? Hat es ihn überhaupt schon mal gegeben? Wenn man den alten, sowie den jungen Seefahrern Glauben schenkt, beginnt er im Winter ab dem fünfundzwanzigsten Breitengrad, und im Sommer kann er schon ab dem dreißigsten Breitengrad anzutreffen sein.
Katinka mit dem Cruising shoe |
Der Nordost-Passat, weht auf der Südseite des Azorenhochs, von dessen Vorhandensein, ich mich vor unserer Abreise, überzeugt habe. Stetiger, aus der Richtung gleichbleibender Wind, mit drei bis vier Windstärken, ein Traum. Segel einmal hochziehen, einstellen und dann einfach laufen lassen, das wäre schön. Acht Tage haben wir von San Sebastian, auf La Gomera nach Mindelo auf Sao Vicente, geplant. 800 Seemeilen, unser bisher längster Trip. Damit wir nicht wieder in eine hohe Welle geraten, haben wir unsere Abreise noch einmal, um drei Tage verschoben. Nicht ganz so einfach, in Corona Zeiten. Den Test haben wir am geplanten Abreisetag vereinbart, er darf nicht älter als 72 Stunden sein. Also müssen wir etwas früher als drei Tage los, das geht sich gerade so aus und, wie geplant, hat das Meer sich beruhigt und mit einer 1,5m hohen Welle, sind wir ganz zufrieden. Allerdings ist auch der Wind weg und so dümpeln wir, die ersten zwei Tage, mit zwei bis drei Knoten, an El Hiero vorbei. Zunächst lässt sich der fehlende Wind durch die Abschattung der Inseln erklären, als der Passat aber, 40 Seemeilen südlich von El Hiero, immer noch nicht einsetzt, fange ich an zu zweifeln und beginne den Nordost-Passat ins Land der Märchen abzutun. Die Wind- und Strömungskarten sagen, zwischen den Kanaren und den Kap Verden, einen Nordostwind mit einer Wahrscheinlichkeit von 85% voraus, immerhin noch 50% Nordwind. Westwind 0% und Ostwind gerade einmal 5%. Die ersten beiden Tage wechselt der Wind ständig von Nordwest auf Südost und wieder zurück. Dazwischen mal kein Wind. Flappende Segel, Segel runter, Segel rauf, Motor an, so geht das quasi im Stundentakt. Ich träume wieder von Segel einmal hochziehen. Ja und dann kommt er doch noch. 25°21,2’N Wind NE 7 Knoten, steht im Logbuch. Also doch der Klimawandel, jetzt haben wir schon im August, Winter. Erst können wir es gar nicht richtig glauben.
Überfahrt zu den Kap Verden |
Am Tag als wir San Sebastian erreichten, traf ich eine
englische Crew die gerade nach Teneriffa auscheckte. Der Skipper hörte das
Gespräch im Marina Büro nach dem woher und wohin und sprach mich auf dem Weg
zurück zum Liegeplatz an. Er hätte zufällig gehört, dass ich auf die Kap Verden
will und fragt nach den weiteren Plänen. Ich hole mir ein paar Tipps für die
Überfahrt und erwähne, dass ich mich schon freue unseren Parasail auszupacken. Den
könne ich getrost stecken lassen, auf dieser Route gibt es immer genügend Wind.
Delfine am 3.Tag |
Ich zögere am Anfang, schließlich ist der Wind jetzt schon
ein paarmal, nach einer Stunde wieder eingeschlafen. Diesmal nicht. Wir holen
also die Genua und das Groß rein und setzen den großen Lappen. 125qm für eine
zweier Crew, nicht einfach zu handhaben, zumal wir nicht viel geübt haben. Trotzdem
bekommen wir es recht schnell in den Griff und wir setzen das Segel, zum ersten
Mal, nur mit zwei Leinen. Hannes von der MariaNoa erwähnte das Zweileinensystem
einmal beiläufig, und ich wollte das einfach mal ausprobieren. Klappt super! In
der Nacht nimmt der Wind ein bisschen ab und am Tag legt er wieder bis auf 14
Knoten zu. Am Tag sind wir fast doppelt so schnell als geplant, sodass wir am
Ende des vierten Tages die anfängliche Flaute wieder aufgeholt haben. Drei Tage
und Nächte, hängt der Lappen jetzt da oben und ich frage mich, ob wir den auch
wieder so schnell runter bekommen, wie das Wetter es erforderlich macht. Am
Nachmittag dreht der Wind auf Ost und weiter auf Südost. Windeinfallwinkel 90°.
Der Parasail fällt zusammen und richtet sich selbständig wieder auf. Mit dem
Zweileinensystem lässt sich das Segel aber nicht mehr vernünftig einstellen.
Also ist die Frage auch geklärt. Bis 90° lässt sich der Parasailor problemlos
mit einem Zweileinensystem segeln. Fährt man noch näher am Wind, wird es
mühsam. Wobei wir uns gleich die nächste Frage beantworten. Immerhin 12 Knoten
aus Südost, versuche ich den „Easy Snuffer“ über das Segel zu ziehen, an dem
der Bergeschlauch hängt. Alles andere als „Easy“, mit meinem ganzen
Körpergewicht liege ich im Netz unseres Katamarans und versuche die Tüte drüber
zu ziehen. Hat man den ersten Meter geschafft, geht es immer leichter, wobei
loslassen darf man auf keinen Fall. Gaby löst langsam die Backbordleine so
dass, das Segel in sich zusammenfällt und ich den Bergeschlauch bis nach unten
ziehen kann. Der Rest ist dann einfach und geht schnell. Es würde uns also auch
gelingen, das Segel rechtzeitig, vor einem Squal, in Sicherheit zu bringen.
Sonnenaufgang |
Fazit: Der Parasailor ist eine echte Bereicherung. Ist er
erst einmal gesetzt, stellt sich eine sehr ruhige Schiffsbewegung ein. Das ist
besonders für eine Crew, die mit Seekrankheit zu kämpfen hat, sehr hilfreich.
Das Segel kann schon ab 4 Knoten Wind, gesetzt werden, ohne daß es ständig
zusammenfällt oder anfängt zu flappen. Beim Setzten ist darauf zu achten, kein
Leinenwirrwarr zu verursachen, insofern ist für uns, bei kleiner Crew, das
Zweileinensystem, dem Vierleinensystem, vorzuziehen. Beim Bergen braucht es am
Anfang ein wenig Kraft, der Rest geht dann schnell und einfach. Für uns war der
Preis am Anfang abschreckend, wir sind aber aus oben genannten Gründen froh,
die Investition getätigt zu haben.
Mindelo |
200 Seemeilen vor dem Ziel hat uns also der Nordost-Passat
verlassen. Der Traum, einmal Segel setzten und dann laufen lassen, ist für drei
Tage wahr geworden. Die harte Realität, hat uns wieder eingeholt. In der Nacht
flappende Segel, da der Wind nachgelassen hat, am Tag eine sich nach Osten
drehende, kurze Welle, die uns nicht mehr von hinten, sondern wieder einmal von
der Seite trifft. Auf unserer ersten Etappe unserer Atlantiküberquerung, haben
wir die Vorzüge des Nordost-Passats kennengelernt, wir werden ihn auch auf
unserer nächsten Etappe wieder suchen. Hier auf den Kap Verden angekommen,
lernen wir erst einmal Land und Leute kennen und fangen wieder einmal an zu
reparieren, aber davon erzählen wir das nächste Mal, hier auf www.glenswelt.com. Bis dahin immer eine
Handbreit Wasser unter dem Kiel und haltet die Ohren steif.
- Link abrufen
- X
- Andere Apps
Kommentare
Kommentar veröffentlichen