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Am Ende zählen nur die Meilen

Der Wind muss stimmen, die Welle muss aus der richtigen Richtung kommen. Ist beides perfekt, ist auch der Törn perfekt. Leider ist es in der Praxis meist anders und die Konditionen ändern sich schnell. Gerade in dem Seegebiet, in dem wir uns gerade aufhalten. Zusammen mit der SY Tuvalu planen wir unsere Abreise nach Fidschi. Eine Tiefdruckrinne verschiebt unseren Abreisetag um zwei Tage. In dieser Zeit kommen wir fast nicht vom Boot. Heftiger Regen, mit Böen an die 40 Knoten, zerrt am Ankergeschirr. 

Auf dem Weg nach Fidschi

Das Ausklarieren ist wie erwartet wieder etwas trickreich, da die Tür der Immigration innerhalb der Öffnungszeiten natürlich abgeschlossen ist. Etwas ratlos wenden wir uns an den Empfang, der uns nur anlächelt und „später“ sagt. Auch am Zollschalter bewegt sich noch nichts. Eine Dame sieht uns etwas bedröpelt herumstehen und fragt, was wir wollen. Als wir sagen, dass wir zur Immigration wollen, schaut sie etwas irritiert und probiert aus, ob die Tür tatsächlich verschlossen ist. Nachdem sie das festgestellt hat, lässt sie sich dennoch nicht davon abbringen, Einlass zu fordern, und fängt an, zu klopfen. Hartnäckig hält sie an dieser Taktik fest und siehe da, nach rund zwei Minuten öffnet sich die Tür. So funktioniert das hier also. Die komplette Mannschaft sitzt in dem kleinen Raum. Wir klarieren aus und als wir vor die Tür treten, ist auch der Zoll geöffnet. Auch hier geht alles reibungslos über die Bühne, so dass wir am nächsten Tag lossegeln können. Gottfried, der Skipper von der Tuvalu, hat sich bei Wetterwelt in Kiel ein Wetterrouting bestellt, welches moderate Winde bei maximal zwei Meter Welle verspricht. Da ich ein Wetterabo bei Wetterwelt habe, bin ich gespannt, wie groß die Abweichung zwischen dem professionellen Routing und dem Abo ist. Vielleicht liegt es an den einfachen Wetterbedingungen, aber bis auf das, dass das Routing mit drei Stunden feiner abgestimmt ist, ist das Abo mit einem Sechs-Stunden-Intervall nicht so detailliert, aber ansonsten genauso stimmig oder auch nicht. Der Wind passt die ersten zwei Tage genau, sieht man von den Squalls, die als Wetterphänomen gelten, einmal ab. Bei den Squalls kommt es immer darauf an, wie er dich erwischt. Das kann dann von heftig bis null Wind gehen. Ist der Squall durchgezogen, stellen sich in der Regel, nach einer Viertelstunde, die vorangegangenen Wetterverhältnisse wieder ein. Es sei denn, es folgt ein weiterer Squall. Also der Wind passt schon mal und wir kommen zügig voran.


Der Vorteil eines Monos gegenüber einem Katamaran ist eindeutig die Wellenverträglichkeit. Lässt man einmal die Welle direkt von vorne außer Acht (diesen Wellentyp wird wohl jeder Segler meiden), kommt der Mono mit sehr vielen Wellenrichtungen zurecht. Beim Katamaran ist eigentlich nur die Welle von schräg achtern oder direkt von achtern in Ordnung. Was ein Katamaran überhaupt nicht mag, ist die Welle von der Seite. Und genau so eine Welle haben wir gerade. Wenn dann die angegebene Wellenfrequenz auch noch deutlich unterschritten wird, ist das Chaos perfekt. Immer wieder klatschen die Wellen ans Brückendeck, was den ganzen Bootsrumpf vibrieren lässt. Mal ganz abgesehen davon, dass die kriechende Bewegung bei solchen Konditionen die sicherste ist. Letztendlich reduziert sich dein ganzer Existenzwille nur noch auf die zurückgelegten Meilen bzw. wie viele Meilen noch vor dir liegen. 

Plotter mit Meilenangabe

Bei Gaby kommt dann noch der Kampf gegen die Seekrankheit hinzu. Alle Aktivitäten werden auf ein Minimum reduziert. Der Ausblick, dass sich die Welle im Laufe des Törns reduziert, lässt hoffen, ist aber kein Garant, dass es auch eintritt. Die Gischt hat einen feinen Salzfilm über das Boot gelegt. Alles, was man anfasst, klebt. Die Instrumente müssen regelmäßig abgewischt werden, weil man sie sonst nicht mehr ablesen kann. Wichtig, ihr ahnt es schon, ist der Meilenzähler, der kontinuierlich die Meilen nach unten zählt. In der Nacht, wenn man dann übermüdet ist, kann man die Zahlen nicht mehr richtig lesen. Man freut sich dann, dass es nicht mehr so weit ist, und ist gleichzeitig enttäuscht, wenn man herausfindet, dass man den Achter fälschlich als Dreier gelesen hat. 

Ein Gast auf der Katinka Enjoy

Wie auch immer, wir hoppeln die fast 600 Seemeilen von Tuvalu nach Fiji und werten jede zurückgelassene Meile als Erfolg. Wie wir die Überfahrt überstanden haben, erfahrt ihr nächste Woche an gleicher Stelle. Bis dahin immer eine Handbreit Wasser unter dem Kiel und haltet die Ohren steif

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