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Hallo, wie geht es dir?

Ankerbucht, Tuvalu

Tuvalu ist ein eigener Inselstaat, der vor allem durch Australien stark unterstützt wird. Er liegt ungefähr in der Mitte zwischen Australien und Hawaii. Schon beim Einklarieren merken wir schnell, dass die Uhren in Tuvalu anders ticken als anderswo. Am Freitagvormittag stehen wir in einem der größten Gebäude in Tuvalu vor der Tür der Immigration. Innerhalb der Öffnungszeiten klopfen wir an die Tür und öffnen sie. Ein dunkler Raum, in dem Chaos wie in einer Rumpelkammer herrscht, befindet sich hinter besagter Tür. Kein Mensch zu sehen. An der Rezeption des großen Verwaltungsgebäudes erfahren wir, dass heute großer Reinemachetag ist und alle Beamten unterwegs sind, um Plastikflaschen und Dosen zu sammeln. Außerdem landet heute eine Passagiermaschine, die von der Immigration abgearbeitet werden muss. Die Landebahn wird übrigens auch als Spielplatz für die Kinder verwendet, wenn kein Flugzeug startet oder landet. Deshalb wird vor einem Flugzeug immer mit einer Sirene gewarnt. 

Flughafen, Tuvalu

Wir versuchen es beim Zoll. Am Schalter erklärt uns ein netter Herr, dass alle Beamten unterwegs sind. Da das Wochenende naht, könnten wir erst am Montag einklarieren und so lange müssten wir dann auf dem Boot bleiben. Irgendwie merkt er dann selbst, dass dies keine Lösung ist. Den Gedanken, uns zur Zollabfertigung an den Hafen zu schicken, verwirft er auch sehr schnell. Stattdessen kommt ihm die entscheidende Idee, einen Kollegen in das benachbarte Flughafengebäude zu schicken, um die zuständigen Beamten über unsere Ankunft zu informieren. Wir warten in der Lobby und nach einer halben Stunde findet sich tatsächlich ein Zollbeamter ein, der uns die üblichen Papiere ausfüllen lässt. Wir werden an die Biosecurity weitergeleitet und füllen ein weiteres Formular aus. Zurück in der Lobby laufen wir der Immigration in die Arme. Für die Rumpelkammer entschuldigt sie sich vielmals, weil sie gerade beim Umziehen sind. Dummerweise findet sie in dem Chaos die notwendigen Formulare nicht. Gut, dass das Flughafengebäude nicht allzu weit weg ist, und nach einer Viertelstunde füllen wir erneut ein Formular aus. Mit dem Stempel im Pass sind wir fast einklariert. Fehlt nur noch das Gesundheitsamt. Wir werden dorthin geleitet und bekommen einen Termin, müssen aber noch eine halbe Stunde warten. Mittlerweile hat es sich in dem Gebäude herumgesprochen, dass es ein paar verrückte Segler nach Tuvalu geschafft haben. Wir werden von der Leiterin der Schulbehörde begrüßt und erfahren so einiges über das Schulsystem auf der Insel. Irgendwann taucht dann der Chef der Gesundheitsbehörde auf und füllt für uns ein weiteres Formular aus. Vergewissert sich, ob wir auch alle gesund sind, und gibt letztendlich seine Freigabe. Jetzt sind wir offiziell auf Tuvalu einklariert.

Hauptstraße auf Tuvalu

Die nächste Herausforderung ist, Bargeld zu beschaffen. Auf der Insel werden alle Geschäfte bar abgewickelt. Kartenzahlung gibt es nicht. Seit Neuestem gibt es drei Bankautomaten, je einen am Flughafen, bei der Bank und im Ortskern. Leider akzeptieren diese noch keine Visa- oder Masterkarten. Es bleibt nur, Bargeld in Australische Dollar zu tauschen. In der Nationalbank von Tuvalu gibt es einen extra Wechselschalter. Auf die Frage, wann denn die Bankomaten für den internationalen Gebrauch zur Verfügung stehen, bekommen wir als Antwort ein Achselzucken: Vielleicht nächstes Jahr. Ok, wir werden es nicht mehr erleben. Aber egal, wir sind jetzt handlungsfähig und weil es auch auf Tuvalu sehr heiß werden kann, brauchen wir erst einmal etwas zu trinken.

Typisches Wohnhaus auf Tuvalu

Tuvalu soll ja dem Klimawandel extrem ausgesetzt sein. Dadurch soll die Bevölkerung sehr stark bedroht sein. Das mag zum Teil stimmen, allerdings sind die Menschen hier sehr entspannt, was ihre Bedrohung betrifft. Der Fischfang ernährt die Bevölkerung weiterhin. Die Landwirtschaft, die angeblich bedroht sein soll, ist bis auf die Schweinezucht nicht vorhanden. Die Bevölkerung ist also schon immer auf den Import von Obst und Gemüse angewiesen. Auf einem Atoll wächst außer Palmen und Brotfrucht eben nicht sehr viel. China hat ein Projekt ins Leben gerufen, das auf kleiner Anbaufläche versucht, Gemüse auf der Insel anzubauen. Neben dem Fisch versorgt vor allem Tiefkühlkost aus Australien und Neuseeland die Menschen hier. Zu einer hohen Dichte an Motorrädern ist die HIV-Rate sehr hoch. Die Menschen leben überwiegend einfach in kleinen, aus Holz gezimmerten Häusern. Die Familien sind groß und es gibt eine überdurchschnittliche Anzahl an Kindern. Wenn man durch die Straßen läuft, hört man von allen Seiten: „Hallo, wie geht es dir?“ Verlegen schauen sie dich dann ganz genau an und das Größte für sie ist, wenn sie dich berühren können. So laufen wir mit den Händen abklatschend die Straße entlang und machen uns so unsere Gedanken, mit wie wenig Menschen auskommen können und trotzdem so eine Lebensfreude ausstrahlen. Überall, wo wir hinkommen, werden wir gefragt, wo wir herkommen. Immer wieder schauen wir dann in erstaunte Gesichter, wenn wir sagen, dass wir mit einem Boot nach Tuvalu gekommen sind.

Hallo, wie geht es dir? Kinder auf Tuvalu

Wir mieten uns einen Roller, um die Insel auch etwas außerhalb des Hauptortes erkunden zu können. Das Straßennetz ist insgesamt 15 Kilometer lang. Also auch ohne Straßenkarte leicht überschaubar. Das Mieten des Rollers erweist sich als sehr einfach. Ein Führerschein oder ein Identitätsnachweis sind nicht notwendig. Wir bekommen die Zündschlüssel übergeben und los geht’s. Im Südwesten stoßen wir schnell auf das Ende der Straße und scheuchen ein Liebespärchen aus den Büschen. Zurzeit wird aus der Lagune Sand gepumpt und in Säcke gepackt. Diese werden dann zur Landbefestigung verwendet. Eine Maßnahme, die die Landerosion verhindern soll. Wir kehren um und fahren Richtung Norden. Auch auf den Rollern wird uns von allen Seiten zugewunken und ein „Hallo, wie geht es dir?“ zugerufen. In Tuvalu gibt es übrigens keine Helmpflicht, Helme sind auf der Insel schlichtweg nicht vorhanden. Der Einheimische bewegt sein Motorrad übrigens auch meist barfuß oder mit Flipflops. Mangels Hornhaut benutze ich zumindest Turnschuhe. Vorbei an der Hafenanlage erreichen wir die Müllkippe. Eine Sandpiste führt daran vorbei und wir erreichen die letzten Häuser an einem wunderschönen Strand. Auch hier Kinder, die uns nach einigem Zögern eine Kokosnuss schenken. Wir besuchen das Kraftwerk, welches den Strom für die ganze Insel liefert und am Wochenende ausgefallen war. Am Sonntag und Montag gab es auf der Insel keinen Strom. Die Notstromaggregate tuckerten an jeder Straßenecke. Das ist insofern tragisch, weil hier einiges über Gefriertruhen haltbar gemacht wird. Zum Abschluss unseres Ausflugs besuchen wir ein chinesisches Restaurant, in dem wir unfreiwillig einen Polizeieinsatz miterleben konnten. Der Besitzer ist mit einer Einheimischen aneinandergeraten, die dann ohne Umschweife die Polizei gerufen hat. Letztendlich haben sich alle wieder beruhigt.

Mit dem Roller unterwegs auf Tuvalu

Am Abend sitzen wir in unserer Stammkneipe und trinken unser Bier. Gerade als wir aufstehen wollen, bittet uns die Wirtin, noch zu bleiben. Sie erklärt uns, dass zwischen viertel vor sieben und sieben Uhr gebetet wird und sich keiner auf der Insel von A nach B bewegen darf. Tatsächlich fällt uns auf, dass kein einziges Moped fährt und auch sonst die Straßen wie leer gefegt sind. Um Punkt sieben Uhr geht das Leben auf Tuvalu dann wieder weiter. Ein netter Brauch, wie ich finde. Wir verabschieden uns für diesmal mit dem Spruch „Hallo, wie geht es dir?“ und wünschen bis zum nächsten Mal immer eine Handbreit Wasser unter dem Kiel und haltet die Ohren steif.

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