Wenn man mit Fehlern leben muss
Das Einklarieren in Wallis ist einfach. Da es Wochenende ist, ist der Zoll nicht besetzt. Der Sicherheitsbeauftragte für die Hafenanlage ist so freundlich und informiert die Police nationale, die eine halbe Stunde später anrückt und uns einklariert. Allerdings werden wir darauf hingewiesen, am Montag noch beim Zoll vorzusprechen. Außerdem dürfen wir an dem ausgewiesenen Ankerplatz nicht liegenbleiben, da ein Unterwasserkabel verlegt wurde und es schon Probleme mit Seglern gegeben hat.
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Warten aufs Einklarieren, Wallis |
Bevor wir zum Boot zurückkehren, wollen wir noch etwas einkaufen gehen. Nicht weit ist ein Supermarkt auf der Karte eingezeichnet. Vorbei an einer beeindruckenden Kirche, die aus Basaltsteinen errichtet wurde, geht es den Hügel hinauf zur Hauptstraße. Die wenigen Leute, denen wir begegnen, freuen sich, uns zu sehen, und grüßen uns. Wir finden einen gut sortierten Supermarkt und auch noch einen zweiten, in dem wir unsere Vorräte vervollständigen.
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Kirche in Wallis |
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Fleischtheke in Wallis |
Leider finden wir kein einziges Restaurant, das nach 14.00 Uhr noch offen hat. Auf der französisch sprechenden Insel ist es schwierig, in einer anderen Sprache zu kommunizieren. So wird uns erklärt, dass das Restaurant um 16.00 Uhr wieder öffnet, gemeint war aber 18.00 Uhr. Auf der Suche nach einer geeigneten Sitzgelegenheit, wo wir auch etwas zu trinken bekommen, wandern wir einige Kilometer über die Insel. Ein erneuter Squall zwingt uns zum Unterstehen. Wir finden eine kleine Kirche, die zwar verschlossen war, aber unter dem Vordach steht eine Bank, auf der wir den Regenschauer abwarten können. Auch das letzte Restaurant, das wir ansteuern, hat geschlossen. Wir beschließen, aufs Boot zurückzukehren und dort etwas zu trinken. Das ist einfacher gesagt als getan. Das Dinghy ist an der Kaimauer inzwischen so gut wie trocken gefallen. Keine Chance, zum Boot zu gelangen. Wir beschließen, zu dem vermeintlich um 16.00 Uhr öffnenden Restaurant zu gehen und die Flut abzuwarten. Beim Nachbarn des Restaurants erfahren wir dann, dass das Restaurant erst um 18.00 Uhr öffnet. So warten wir im Hafen, bis das Wasser wieder steigt. Zu der Insel, vor der wir ankern sollen, können wir jetzt auch nicht mehr, da es schon zu dunkel ist. In der Nacht bläst ein kräftiger Wind von bis zu 35 Knoten und zerrt gewaltig an der Ankerkette. Der Platz, an dem wir vor Anker gehen sollen, gefällt uns noch weniger als der, auf dem wir jetzt liegen. Da die Umstände für uns nicht passen, beschließen wir am Montag wieder auszuklarieren und uns auf den Weg nach Tuvalu zu machen. Wir sprechen also am Montag beim Zoll vor. Klarieren ein und gleichzeitig wieder aus. Die Police nationale ist sauer, dass wir immer noch auf dem Liegeplatz liegen, klariert uns aber ebenfalls aus. Am Nachmittag mit auslaufendem Wasser machen wir uns dann auf den Weg nach Tuvalu.
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Verbotener Ankerplatz, Wallis |
Der Pass beeindruckt erneut, kann aber auch bei der Ausfahrt problemlos gemeistert werden. Trotzdem muss man aufpassen, in der Mitte des Fahrwassers zu bleiben, und das ist relativ schmal. Man muss sich also voll konzentrieren, während links und rechts die Wellen mit einem lauten Getöse brechen. Wir setzen Kurs auf Tuvalu und fahren in die erste Nacht. 400 Seemeilen liegen vor uns. Der vorhergesagte Ostwind kommt wie üblich aus Südost. Jedoch gibt es eine Neuerung: Die Stärke von 15 bis 18 Knoten stimmt diesmal. Bei der Vorhersage der Welle ist es allerdings schon wieder vorbei. Höhe und Frequenz stimmen so gut wie nie. In der Nacht und am ersten Tag bleibt das Wetter ruhig und die Sonne scheint zum größten Teil. In der zweiten Nacht frischt der Wind auf 22 bis 25 Knoten auf und die ersten Squalls stellen sich schon wieder ein. Das ändert sich auch am nächsten Tag nicht. Die Squalls sind zum Teil kräftig und kündigen sich mit bis zu 35 Knoten Wind an.
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Wolkenwand mit sehr viel Regen, Tuvalu |
Zum Teil surfen wir die Welle mit über 12 Knoten hinunter. Das Geschirr in den Schapps fängt an zu klappern. Ich nehme die Genua weg, was nicht viel hilft. Das Groß, mittlerweile im zweiten Reff, lässt uns nur unwesentlich langsamer werden. In der dritten Nacht legt der Wind auf 28 bis 30 Knoten zu. In dieser Nacht haben wir eine vier Meter hohe Welle mit einer Frequenz von sechs Sekunden. Zwei dieser Dinger steigen ins Cockpit ein. Im Squall liegt die Spitzengeschwindigkeit bei 38 Knoten. Ich habe also alle Hände voll zu tun, die Katinka Enjoy auf Kurs zu halten. Solch ein Wetter zerrt nicht nur an den Nerven, sondern geht bei einer kleinen Crew auch ganz schön an die physische Substanz. 60 Meilen vor Tuvalu liegt das kleine Atoll Pepesala. Ich weiß nicht, was mich geritten hat, aber ich entscheide mich dafür, die Insel bei diesen Konditionen in Luv zu passieren. Ein fataler Fehler. Die Insel liegt quer ab. Der Wind kommt aus Südost mit 28 Knoten. Es ist dunkel und die Squalls sind nicht zu erkennen. Der Wind schlägt mir die ersten Wassertropfen ins Gesicht. Mir ist kalt, ich bin total übernächtigt und den ganzen Tag schlagen die viel zu hohen Wellen gegen das Brückendeck. Das ganze Boot zittert dann. Der Wind schlägt plötzlich auf Nordost und steigt auf 32 Knoten. Die Geschwindigkeit des Katamarans reduziert sich von 7 Knoten auf 1,5 Knoten und drückt uns auf das Riff. Ich ändere den Kurs, habe aber nicht sehr viel Spielraum wegen besagter Insel. Immerhin schaffe ich es, die Geschwindigkeit auf 2,5 Knoten zu steigern, was das Schiff auf stabilen Kurs hält. Wir rasieren knapp die Nordostspitze und ich kann den Rest des Squalls ablaufen.
Nachdem Squall ist vordem Squall |
Was waren also die Fehler? Nun, der Größte war, die Insel in Luv statt in Lee zu passieren. Auf die Idee, das Radar einzuschalten, um die Position der Regenzellen zu lokalisieren, bin ich erst gar nicht gekommen. Und als Letztes, den Motor zur Hilfe zu nehmen, ist mir erst eingefallen, als wir die Insel passiert hatten. Was lernen wir daraus? Mit einer Situation zu hadern, die du sowieso nicht ändern kannst, ist keine gute Herangehensweise an eine Gegebenheit. Bleib konzentriert und stelle dich auf die Situation ein. Wäge deine Möglichkeiten ab und rufe deine Erfahrungen in Erinnerung. Nutze alle technischen Mittel. Trainiere deine mentale Stärke. Ich zumindest habe in dieser Nacht wieder viel dazugelernt.
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Ankerplatz Tuvalu |
Gegen Morgen lässt der Wind dann wieder auf 10 bis 15 Knoten nach. Sieben Meilen vor Tuvalu taucht das Atoll Funafuti vor uns auf. Wir erreichen den Südpass zur Slacktime. Die Hauptinsel heißt Fongafale. Hier gehen wir vor der Ansiedlung Vaiaku vor Anker. Glücklich, in Tuvalu angekommen zu sein, fallen wir in der Nacht in einen tiefen Schlaf. Was wir so alles in Tuvalu erleben, erzählen wir euch im nächsten Blog. Bis dahin immer eine Handbreit Wasser unter dem Kiel und haltet die Ohren steif.
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