Direkt zum Hauptbereich

Video Specials

Point Venus

Es ist der 3. Juni 1769. Kapitän James Cook, die Naturforscher Joseph Banks und Daniel Solander sowie der Astronom Charles Green stehen im schwarzen Sand und beobachten mit ihren Teleskopen den Venustransit. Der Schweiß rinnt in Strömen, denn es ist gnadenlos heiß. Die Sonne scheint und es ist keine Wolke am Himmel. Der Sand tut sein Übriges und die Temperaturen erreichen etwas über 30 °C. James Cook schreibt zu diesem Tag in sein Tagebuch: Point Venus mit Blick auf Moorea, Tahiti Dieser Tag erwies sich als so günstig für unseren Zweck, wie wir es uns nur wünschen konnten, es war den ganzen Tag über kein Clowd zu sehen, und die Luft war vollkommen klar, so daß wir jeden Vortheil hatten, den wir uns wünschen konnten, um den ganzen Durchgang des Planeten Venus über die Sonnenscheibe zu beobachten: wir sahen sehr deutlich eine Atmosphäre oder einen düsteren Schatten um den Körper des Planeten, der die Zeiten des Planeten sehr störte. Kontakte, insbesondere die beiden internen. Dr. Solande

Der hüstelnde alte weiße Mann

Eine Grimasse schaut auf mich herab. Weißer Vollbart mit tiefgelegenen grauen Augen. Den Mund, durch die vielen Haare im Gesicht, nur zu vermuten. Die Stirn, ebenfalls weiß wie sein Bart, lang nach oben gezogen. Auf dem Kopf sitzt eine Art Studentenhut. Breit ausladend von innen weiß, nach außen immer dunkler grau werdend, ja sogar fast schwarz. Seine Mimik verändert sich. Ein gequältes, verzerrtes Gesicht, so als kratze ihm irgendwas im Hals und er wolle gleich los husten. Er grinst mich an, der alte, hüstelnde, weiße Mann. 

Mitten auf dem Pazifik

Ich liege auf dem Rücken im Cockpit und schaue in den Himmel. Der Stille Ozean macht seinem Namen alle Ehre. Sanft hebt uns die Welle an, und senkt sich den halben Meter wieder nach unten. Es ist heiß, die Sonne brennt gnadenlos und die Luft ist schwer. Ich frage mich, wann dieser alte, hüstelnde, weiße Mann, vor die Sonne tritt und sie verdeckt. Wir sind jetzt seit Tagen unterwegs. Lasst mich überlegen, es ist schon eine ganze Woche her. Man verliert so schnell das Zeitgefühl hier draußen und die Gedanken konzentrieren sich auf das, was man hier wahrnimmt. Viel ist es nicht. Wenn Wellen vorhanden sind, in erster Linie die Wellen. Man sieht sie nicht nur, man spürt sie auch. Sie halten einen in Bewegung. An solchen Tagen wie heute, nicht einmal das. Wie Blei liegt die See vor uns und wenn ich es nicht genau wüsste, würde ich darüber nachdenken, ob die Hitze, die zur Zeit herrscht, von der Sonne, oder dem bleiernen Meer käme. Vermutlich von beidem. Wie der Vorhof zur Hölle und der alte, hüstelnde, weiße Mann freut sich, dass ich den Weg alleine finde. Ab und zu fliegt mal ein Tölpel vorbei und schaut was wir hier so machen. Gestern Abend ist einer auf unserem Bugkorb gelandet und hat sich für den Rest des Tages eingerichtet. Als ich in der Nacht den Bug wechselte und die Genua auf Backbord lege, beschwert er sich lauthals. Trotzdem bleibt er sitzen und fliegt erst am Morgen weg. Natürlich hat er den ganzen Bug verschissen. Gaby und ich machen die Sauerei am nächsten Tag wieder weg. Wenn ich wüsste ob Tölpelsuppe gut schmeckt, würde er das nächste Mal im Topf landen. Ich blinzle und der alte, hüstelnde, weiße Mann, grinst immer noch. Sein Hutrand wird immer größer und dunkler. Wie schon gesagt, das Wetter sieht schon seit ein paar Tagen so aus. Selten über fünf Knoten Wind, selten über drei Knoten Fahrt im Schiff. Eine gewisse Gleichgültigkeit stellt sich ein und ich strecke dem alten, hüstelnden, weißen Mann, die Zunge raus. Wohl wissend, dass man so was nicht macht, und dass man vor dem Alter Respekt haben sollte. Aber wer hat heute noch Respekt vor dem Alter. Ich versuche die Augen wieder zu öffnen, was mir nur zum Teil gelingt. Zusammengekniffen nehme ich auf der Windanzeige war, dass der alte, hüstelnde, weiße Mann, mal wieder gehüstelt hat. Wenn ihr mich fragt, macht er es nicht mehr lange, weil das was da raus kommt, hält maximal eine halbe Stunde an. Und was dann kommt ist auch nicht viel. Fünf Knoten Wind, das war es dann auch schon. Reicht maximal zwei Seemeilen weit und dann heißt es wieder auf dem Rücken liegen und in die Grimasse des alten, hüstelnden, weißen Mannes schauen. Cumulonimbus heißt er wohl, hab ich mir sagen lassen. Er wird nur nicht gerne angesprochen. Ich versuche es trotzdem. Er wird ungehalten. Zunächst ändert er seine Farbe. Die weißen Wolken, die an seinem Hutrand ohnehin schon schwarz waren, werden grau bis dunkelgrau. Sein Gesicht verschwindet so langsam und an dessen Stelle reichen lange grau-beige Fäden bis in die See. Die Sonne wird von der Hutkrempe verdeckt und es kühlt merklich ab. Spätestens jetzt sollte man den alten, hüstelnden, weißen Mann ernst nehmen. Ich stelle den Autopiloten auf Windsteuerung 45°. Die grau-braune Wand schleicht sich von hinten an. Sie kommt näher und näher. Wie ein Vorhang verschleiert sie, was sich dahinter verbirgt. Den Vorhof zur Hölle, nehme ich an. Der Wind nimmt zu und unser Schiff nimmt fahrt auf. Bei fünfzehn Knoten, erreichen uns die ersten Regentropfen. Die zuvor bleierne See kocht hinter uns. Jetzt frage ich mich schon, ob der Gedanke mit dem Vorhof zur Hölle, so abwegig war. Ich will es lieber nicht wissen. Bei 45° Windeinfallswinkel, machen wir bei 15 Knoten Wind, sieben Knoten Fahrt, ab und zu zeigt sich auch mal die acht. Der Vorhang zieht von Backbord nach Steuerbord hinter uns durch und uns erwischen nur ein paar Regentropfen. So schnell wie der Wind zugenommen hat, so schnell nimmt er auch wieder ab. Wir trudeln langsam wieder aus und nach dem vorbeiziehen einer Restdünung liegen wir wieder in der bleiernen See, wie in einem Leimtopf, obenauf schwimmend, festgeklebt. Ach nee, heutzutage, klebt man ja schwere Sachen mit Sekundenkleber fest. Ich liege auf dem Rücken und blinzel in die Sonne. Eine Grimasse schaut auf mich herab. Da ist er wieder, der alte, hüstelnde, weiße Mann. Was ich mich schon immer gefragt habe, ob der verborgene Mund auch Zähne hat. Doch manche Dinge will man vielleicht gar nicht so genau wissen.

Kommentare

Beliebte Posts