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Party auf der Katinka

Es ist Wochenende und ich werde von allen Seiten beschallt. Offensichtlich scheint das Ankerfeld vor dem Flughafen in Papeete ein beliebter Badespot zu sein. Fahrende Hütten belagern das Außenriff und bringen mit ihren Musikanlagen Partystimmung mit. Vier von diesen Booten liegen um mich herum. Bis um fünf Uhr Nachmittags geht der Zauber. Dann ziehen Sie ab und es kehrt Ruhe ein. Allerdings nicht für lange. Lediglich, das Klientel wechselt. Waren es noch am Nachmittag meist Familien mit Kindern, ist jetzt das Partyvolk an Deck. Um drei Uhr in der Nacht bin ich dann völlig erschöpft eingeschlafen und erst wieder aufgewacht, als alles vorbei war. Partyboot Papeete, Tahiti Da der Weg mit dem Beiboot sehr weit ist, um an Land zu kommen, beschäftige ich mich erst einmal mit den Problemchen, die sich auf der Katinka wieder angesammelt haben. In erster Linie ist es der Autopilot. Eine Kabelverbindung hatte sich gelöst und die Stromzufuhr zum Autopiloten war unterbrochen. Ich stelle den Kontak

Atlantiküberquerung – Wenn die Katze anfängt zu fauchen

Jetzt ist es schon ein paar Tage her, seit ihr das letzte Mal von uns gehört habt. Nicht, daß wir keine Lust mehr haben Euch an unserem Abenteuer teilhaben zulassen, doch die Atlantiküberquerung hat uns zeitweise aus der virtuellen Welt ausgeschlossen und ehrlich gesagt, wir haben die Zeit genossen. Jetzt da wir den Atlantik überquert haben, zieht wieder unser normales Leben an Bord ein und wir beginnen mit unserer Routine, zu der auch das Schreiben gehört.

Mitten auf dem Atlantik

Unser Katamaran ist im Cockpit mit vier Lenzrohren ausgestattet, um eindringendes Wasser, durch eine Welle, möglichst schnell wieder abfließen zu lassen. Uns ist das bis jetzt, bei der Überfahrt von Gran Canaria nach La Gomera, einmal passiert, daß eine Welle sich ins Cockpit verirrt hat. Ich hätte mir ein schnelleres Ablaufen des Wassers gewünscht, aber immerhin haben die Lenzrohre ihren Zweck erfüllt. Allerdings haben diese Lenzrohre auch eine unangenehme Eigenschaft. Die beiden Schwimmer unseres „Cat´s“ sind mit einem sogenannten Brückendeck verbunden. Unter dem Brückendeck fließt das Wasser, und was nicht ganz unbedeutend ist, auch Luft hindurch. Nimmt der „Cat“ dann  Fahrt auf, wird die Luft unter dem Brückendeck komprimiert und drückt, aus den im letzten Drittel befindlichen Lenzrohren, von unten nach oben heraus. Das natürlich nicht ohne die entsprechende Geräuschkulisse. Wie durch Orgelpfeifen wird die Luft durch die Röhren gedrückt und verursacht ein höllisches Fauchen. Zusammen mit dem Wasserrauschen, das ab 6,5 Knoten Fahrt zu einem infernalen Getöse anschwillt, kann man sich an Bord nur noch schreiend verständigen. Diesem Geräuschpegel permanent über mehrere Tage und Nächte ausgesetzt zu sein war das, mit am kräftezehrendste unserer Atlantiküberquerung.

Katinka in der Marina Mindelo

Seit Tagen beobachte ich die Wetterentwicklung, und seit Tagen warte ich auf eine der nächsten tropischen Wellen, die südöstlich der Kap Verden entstehen. Die Idee ist es, eine dieser Wellen vorbeiziehen zu lassen und dann dieser hinterher zu segeln. Aber das Wetter tut mir den Gefallen nicht. Als dann über eine Woche der Passatwind, dauerhaft und stetig, anhalten soll, werfen wir die Leinen in Mindelo los und starten am 7.Oktober zu unserer ersten Atlantiküberquerung. Wir verabschieden uns von unseren gewonnen Freunden und nehmen die knapp 1800 Seemeilen in Angriff. Am Nachmittag des ersten Tages erreichen wir die Windabschattung der Insel Sao Antao und dümpeln mit 1,8 Knoten in einer fürchterlichen Kreuz See. 

Zwei Wochen nichts ausser Wind und Wellen


Erstaunlicherweise bleibt Gaby, die ganze Reise, von ihrer sie sonst so heftig verfolgenden Seekrankheit verschont. Erst nach 13 Seemeilen, es ist mittlerweile schon dunkel, setzt der Wind wieder ein. Die ersten vier Tage kommen wir bei moderatem Wind ganz gut voran und erzielen Etmale von 120 Seemeilen. Gaby gewöhnt sich nur schwer an die Monotonie von Wind und Welle. Vier Tage auf dem Wasser und immer noch zwölf Tage das gleiche Bild, fasst nicht auszuhalten. Die Moral sinkt in den Keller, ich gebe mir alle Mühe sie wieder aufzubauen. Dazu kommt, daß im Süden von uns zahlreiche Gewitter niedergehen, die immer wieder eine Welle aufbauen, die gegen die normal herrschende Dünnung aus Nordost kämpft, was immer wieder eine unangenehme Schiffsbewegung verursacht. Die Wettervorhersage, die ich mir täglich über das Iridium Satellitensystem herunterlade, zeigt allerdings keine tropischen Stürme an. Am fünften Tag legt der Nordost Passat langsam zu und wir erreichen eine Geschwindigkeit von durchschnittlich 7,5 Knoten. Der „Cat“ fängt an zu fauchen und das Rauschen der See ist ohrenbetäubend. Vor allem in der Freiwache ist an Schlaf so gut wie nicht zu denken. Das Etmal steigt auf 166 Seemeilen und irgendwann schlafen wir auch auf unserer Freiwache. Man merkt das daran, daß man zu Träumen anfängt. Alles was einem so am Tag durch den Kopf schießt, wird dann nachts im Traum verarbeitet. Mitunter wirres Zeug, konfus und zusammenhanglos. Gerädert wacht man dann auf und tritt seine Wache an.


Gutes Essen hebt die Moral

Wir haben uns für einen zwei Stunden Rhythmus entschieden. Das macht es für den, der Wache schiebt einfacher. Irgendwann fängt man nämlich an, weiße Elefanten zu sehen und mit sich selbst zu sprechen. Das Problem ist nicht, daß man selber mit sich spricht, nein das Problem ist, daß man meint ein anderer spricht mit dir. So sind wir jedes Mal froh, wenn wir die Sonne im Osten aufgehen sehen. Delfine besuchen uns und tummeln sich über eine Stunde um unser Boot, und spielen mit dem, sich immer wieder in die Wellen eintauchenden Bug. 

Delfine, immer eine willkommene Abwechslung

An Tag 11 lässt der Wind in der Nacht nach. Wir haben inzwischen 8° nördliche Breite erreicht und befinden uns nicht mehr im Gefahrenbereich tropischer Stürme. Allerdings kommen wir den sogenannten „Squalles“, das sind heftige Gewitter, immer näher. Bedrohliche grauschwarze Wolken bauen sich vor und hinter uns auf. Von weitem sieht man die Böe auf einen zukommen. Bis jetzt bleibt uns jedoch ein heftiger Regenguss erspart. Das ändert sich an den Tagen 12 und 13. Der Wind hat auf unerträgliche 5 Knoten nachgelassen und die Fahrt ist aus dem Boot. Wir merken dies an der plötzlichen Stille die herrscht. Kein Rauschen, kein Fauchen, vielleicht einmal ein fast unmerkliches Gurgeln. Wir genießen die Ruhe und lassen unsere Gedanken, wie auch das Boot, treiben. Kein Motorengeräusch soll die Ruhe stören. Doch jetzt stürzen sich die grauschwarzen Wände auf uns. Schnell kommen sie näher und umschließen uns. Heftiger Regen geht nieder und die Wellen werden durch die Regentropfen niedergedrückt. Das Meer sieht aus wie ein riesiger Wattebausch. Immer wieder fallen Böen bis zu 25 Knoten ein und drücken uns wieder ein Stück nach Westen. Die Sicht ist stark eingeschränkt und ein Wassernebel schwebt über dem Meer. Der heftigste „Squall“ dauerte eine ganze Stunde, ansonsten ist der Zauber in einer halben Stunde vorbei.

Squall auf dem Atlantik

Ich denke an Spinoza, der in irgendeinem Lehrsatz, die Nummer ist mir leider entfallen, sagt: „Alles was in der Natur vorkommt hat einen Sinn und ist von Gott so gewollt.“ Da ich Spinozas Ethik jetzt schon dreimal gelesen und ich ihn immer noch nicht ganz verstanden habe, frage ich mich, ob die See am Austrocknen ist oder das Boot dringend eine Süßwasserdusche benötigt. Ich entscheide mich für das Letztere, weil ich mir nicht ausmalen möchte, was das Erstere für Konsequenzen für unsere Weiterreise hätte. Mir kommt dann noch in den Sinn, daß ich Spinoza nur deshalb nicht ganz verstehe, weil er genauso viele Kommas in seinen Sätzen unterbringt, wie ich das gewöhnlich tue. Aber auch den Gedanken verwerfe ich schnell. In der Nacht zum 14. Tag kommt wieder Wind auf und mit einer starken Strömung erreichen wir noch einmal ein Etmal von 140 Seemeilen, welches uns 30 Seemeilen vor die Inselgruppe „Ile du Salut“ bringt. Die Inselgruppe diente den Franzosen einst als Gefangeneninsel für politische Sträflinge. Drei Seemeilen vor dem südamerikanischen Festland wollen wir uns die Inseln etwas genauer anschauen. Aber auch hier holt uns Corona wieder ein. Die Inseln sind für den öffentlichen Verkehr gesperrt. Am nächsten Tag werden wir dann auch noch aus der Bucht vertrieben, da eine Ariane Rakete in den Himmel geschickt wird, und die Inseln in die Sicherheitszone fallen, die geräumt sein muss. 

Vor der Ile Royal (Ile du Salut)

Also brechen wir zu unserem Endziel St. Laurent du Maroni auf. Die Angelschnur surrt erneut aus und nachdem ich schon zwei Fische durch eigene Dummheit verloren habe, nehme ich mir vor, dem, am anderen Ende, diesmal keine Chance zulassen. Der zunächst als Yellow Thun eingestufte Fisch, stellt sich im Nachhinein als „Cavalla“, Pferdekopfmakrele, heraus, was den Fisch nicht weniger köstlich macht.  

Cavalla Pferdekopfmakrele (rechts im Bild)

In der Nacht erreichen wir, bei auflaufendem Wasser, die Flussmündung. Die Fahrrinne ist betonnt und so macht es keine Schwierigkeiten dem Flusslauf zu folgen. Der Tag beginnt und die Schönheit der Gegend wird sichtbar. Große Schmetterlinge flattern um unser Boot, und an Steuerbord der Regenwald von Surinam, an Backbord der von Französisch Guyana. Das Holz riecht süßlich und im Morgendunst taucht eine kleine Ansiedlung auf. Um 8:26Uhr machen wir an einer Boje vor St. Laurent fest. Wir haben unser Ziel erreicht.

Fluss Maroni, Franz.Guyana

Unsere Atlantiküberquerung hat 14 Tage, 17Stunden und 39Minuten gedauert und wir haben 1765 Seemeilen zurückgelegt. Unsere Höchstgeschwindigkeit lag bei 15,4 Knoten, unsere niedrigste bei 1,8 Knoten. Im Durchschnitt sind wir mit 5 Knoten über den Grund gefahren. Die Lebensmittel, vor allem Obst und Gemüse, haben in den dafür vorgesehenen Netzen, sehr gut gehalten. Bananen sind schnell ausgegangen. Zitrusfrüchte und Kiwi haben am längsten gehalten. Insgesamt haben wir 230l Wasser verbraucht. Von den 1765 Seemeilen haben wir 62 Seemeilen unter Motor zurückgelegt. Mit Demut und auch mit ein bisschen Stolz freuen wir uns, uns in den erlauchten Kreis der Atlantiküberquerer einreihen zu dürfen.

Wie unser Abenteuer weitergeht erfahrt ihr auf www.glenswelt.com. Bis zum nächsten Mal, wie immer eine Handbreit Wasser unter dem Kiel und haltet die Ohren steif.


Sonnenaufgang am Fluss Maroni, Franz. Guyana

Stolze Crew der SY Katinka, Atlantiküberquerung geschafft!


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